Das Projekt «Huhn im Glück» im Kurzporträt
Beim Projekt «Huhn im Glück» achtet Lukas Glauser auf das Tierwohl und eine möglichst naturnahe Haltung. Dabei setzt Glauser auf eine altbewährte Zweinutzungsrasse, um das Tier möglichst ganzheitlich zu verwerten.
Das Projekt basiert auf einem innovativen Konzept: Mit dem «Huhn im Glück»-Abo erhalten Konsumierende jede Woche fünf Eier, die sie im lokalen Hofladen abholen können. Tun sie dies nicht, wird das Gewicht der nicht abgeholten Eier nach Ablauf des Jahresabos in Form von Pasta zurückerstattet.
Jede:r Konsument:in erhält zu Beginn des Abos einen der Bruderhähne als Poulet – die werden nämlich mit ihrer Hühnerfamilie mitaufgezogen, um das Töten von Küken zu vermeiden. Zudem übernimmt in Glausers Konzept jede:r Konsument:in auch sein Huhn, das die Eier gelegt hat: Nach seiner Lebenszeit wird dieses zu einem Suppenhuhn verarbeitet. So zeigt das Projekt «Huhn im Glück» des Biohofs Glauser auf, wie altbewährte Zweinutzungsrassen zu einer ganzheitlichen Wertschöpfung beitragen können, die das Tierwohl respektiert.
Biovision bietet mit der Rubrik «Beispiele für ein nachhaltiges Ernährungssystem» jenen Initiativen und Projekten in der Schweiz eine Bühne, welche ohne unsere Begleitung oder finanzielle Unterstützung ein nachhaltiges Ernährungssystem mitgestalten. Damit zeigen wir, dass zukunftsfähige Lösungen existieren und ein Wandel möglich ist.
Der Biohof Glauser im Internet
Der Biohof Glauser stellt sich vor. Video: Biohof Glauser.
Zusammenspiel eines ungewöhnlichen Trios
Das Projekt sticht insbesondere mit einer hohen Gesundheit der Tiere (Prinzip 4 in der Grafik) hervor. Glauser hält die Hühner in selbstgebauten, mobilen Ställen. Diese stehen inmitten der hofeigenen, biologischen Baumschule. So kann Betriebsleiter Lukas Glauser mit den mobilen Ställen immer dem frischen Gras nachfahren. Die Hühner haben das ganze Jahr Zugang zur Weide. Dadurch haben sie einerseits viel Platz und andererseits eine ausgewogene, gesunde Ernährung, die das Ei mit wichtigen Inhaltsstoffen bereichert.
Zwischen den Hühnern und den Bäumen besteht eine eigentliche Synergie: Denn die Hühner fressen eventuelle Schädlinge, reissen auf der Suche nach Essbarem das Unkraut zwischen den Bäumen aus und sorgen so dafür, dass dieses nicht mit den jungen Bäumen um Nährstoffe und Wasser konkurriert. Die Bäume beleben hingegen durch ihre Wurzeln den Boden und sorgen für eine erhöhte Anzahl an Insekten und Würmern als Nahrungsquelle für die Hühner. Auf der Weide sind zudem Angelo und Théo, zwei Alpakas, welche die Hühner vor Jägern beschützen.
Hofladen mit lokalen Schätzen
Auf dem Biohof Glauser leben auch Kühe: Diese haben im Stall und auf der Weide wesentlich mehr Platz als von Bio Suisse vorgeschrieben. Auch hier achtet der Betrieb darauf, durch Direktvermarktung das Fleisch zu einem Preis zu verkaufen, der den Mehraufwand für das hohe Tierwohl .
Im eigenen Hofladen verkauft Lukas Glauser das ganze Jahr über eigene Produkten: Von Fleischerzeugnissen über Pasta, Obstkuchen bis zu Beeren. Aber auch ein breites Angebot von benachbarten und befreundeten Betrieben steht im Regal. Dadurch weist der Hof eine hohe wirtschaftliche Diversifizierung (Prinzip 7) auf (Direktverkauf im Hofladen und Abosystem) und ist lokal verankert, was zu einer hohen Anschlussfähigkeit (Prinzip 11) führt.
Für gesunde Tiere und Böden
Lukas Glauser achtet nicht nur auf das Wohl der Tiere, sondern auch auf die Gesundheit der Böden (Prinzip 3). Die vielfältige und biologische Baumschule durchwurzelt den Boden und zwischen den Baumreihen liegen Blühstreifen für Nützlinge. Ausserdem verwendet er praktisch keine Pflanzenschutzmittel und reichert den Boden mit Pflanzenkohle (Pyrolyse) aus der eigenen Holzschnitzelheizung (Pyrolyseheizung) an.
So funktioniert die Bewertung mit B-ACT
Das B-ACT spiegelt die Ausrichtung von Unternehmen, Projekten und Initiativen an den 13 agrarökologischen Prinzipien des «High Level Panel of Experts on Food Security and Nutrition» (HLPE) wider (siehe «Agrarökologie kurz erklärt»).
Dabei ist jedes Prinzip in eines der drei übergeordneten Themen eingeordnet:
- Erhöhung der Ressourceneffizienz
- Stärkung der Resilienz
- Sicherung der sozialen Gerechtigkeit
Zu allen Prinzipien wurden von Biovision in Zusammenarbeit mit Partner:innen Fragen erarbeitet, die in das B-ACT eingebaut wurden. Je mehr Fragen für eine Initiative oder ein Geschäftsmodell positiv beantwortet werden können, desto höher ist der Beitrag zu dem entsprechenden Prinzip.
Damit punktet das Projekt
- Der Biohof Glauser setzt konsequent auf das Tierwohl. Dabei sind nicht nur die Hühner und ihre Eier gesünder, sondern der Hof verzichtet auch auf Impfungen oder Antibiotika.
- Synergien auf dem Hof werden genützt: Die biologische Baumschule mit verschiedenen Sorten liefert einen vielfältigen Lebensraum für die Hühner, die durch ihr Schaben das Unkraut entfernen. Dieses Nebeneinander ermöglicht es dem Bauern, mehr Wertschöpfung aus der bewirtschafteten Fläche generieren.
- Die Direktvermarktung und das Abo-System führen zur Sensibilisierung der Konsumierenden und fördern einen bewussten Fleischkonsum.
Diese Herausforderungen bestehen für das Projekt
- Die Beschaffung von altbewährten Zweinutzungsrassen ist schwierig, da in der Schweiz jahrelang auf Hybridsorten gesetzt wurde. Glauser musste seine ersten Hühner aus einem biologischen Zuchtbetrieb im Ausland importieren. Mittlerweile kann der Biohof die Jungtiere selber nachziehen und so von Anfang an das beste Tierwohl garantieren.
- Lukas Glauser kann die Hühner momentan nicht mit hofeigenem Futter ernähren. Das Projekt ist noch jung und noch konnte er nicht alles wie gewünscht umsetzen – weil die personellen Ressourcen fehlen. Es ist sehr aufwändig, ganzheitliches Futter für die Hühner selbst zu produzieren. Allerdings arbeitet Glauser daran.
- Der Direktverkauf in der ländlichen Region ist schwierig. Auf dem Land besteht bei der Bevölkerung oft bereits ein direkter Bezug zu den Landwirt:innen. Somit ist es auf dem Land vergleichsweise schwieriger, mit dem Argument Direktvermarktung zu punkten. Die höheren Preise für die nachhaltig hergestellten Lebensmittel zu vermitteln, ist herausfordernd, aber ausschlaggebend für den Erfolg des Projekts.