«Wir sind zurück zu einer ursprünglichen Form der Hühnerhaltung gegangen und haben das Tierwohl an oberste Stelle gesetzt», erklärt Lukas Glauser die Idee hinter «Huhn im Glück». Regelmässig verschiebt er mit dem Traktor den von ihm selbst entwickelten mobilen Hühnerstall der rund 300 Hühner und Hähne dorthin, wo zwischen den Bäumen das frischeste Gras und die zartesten Kräuter wachsen. Die Küken sind ab dem ersten Tag auf dem Biohof in Wichtrach zwischen Thun und Bern, wo sie in einer grossen Hühnerfamilie zu Legehennen und Bruderhähnen aufwachsen. Dank dieser Art von Hühnerhaltung und der robusten Zweinutzungsrasse brauchen sie weder Impfungen noch Antibiotika oder Medikamente.
Fröhlich unterhalten sich ein Dutzend Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts vor dem kleinen Supermarkt «La Fève» im Quartier Les Vergers in Meyrin. Aus den braunen Papiertüten, die sie bei sich tragen, schauen Lauchstiele und Karottenkraut. Es sind «Locali»-Einkäufe, die sie soeben im genossenschaftlichen Supermarkt abgeholt haben. Jede Tüte enthält frisches Gemüse, Obst sowie – je nach Abo – Brot und Käse aus lokaler Bioproduktion, zusammengestellt nach der Health-Planet-Diät: Die Kund:innen erhalten wöchentlich Lebensmittel, die sowohl gesund sind und fein schmecken als auch gut für den Planeten sind.
Ideen überzeugen in der Praxis
«Huhn im Glück» und der Supermarkt «La Fève», der zum Projekt «Filière alimentaire des Vergers» in Meyrin gehört, sind zwei von rund 20 Leuchttürmen der Agrarökologie, die wir auf biovision.ch im Rahmen des Projekts «Beispiele für ein nachhaltiges Ernährungssystem» ausführlich vorstellen.
«Wir wollen diesen Initiativen, die sonst im Schatten unseres konventionell geprägten Ernährungssystems stehen, eine Bühne bieten. Denn nichts ist so überzeugend wie eine Idee, die in der Praxis funktioniert», erklärt die Umweltnaturwissenschaftlerin Samira Amos die Absicht hinter dem Projekt.
Die vorgestellten Betriebe und Unternehmen sind aus allen Sprachregionen der Schweiz und entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Sie berücksichtigen die Prinzipien der Agrarökologie auf besonders ganzheitliche und innovative Art. Sie wirtschaften beispielsweise besonders umweltfreundlich, ohne Pestizide oder synthetischen Dünger. Dabei achten sie gleichzeitig auf soziale und Gerechtigkeitsfragen und nehmen diese Aspekte in ihrer Arbeit auf. Als Leuchttürme der Agrarökologie wurden Initiativen ausgewählt, die Lösungsansätze für aktuelle Herausforderungen aufzeigen, wie Ernährungsumstellung oder Food-Waste. In diesem Sommer haben wir auf unserer Website 18 Leuchttürme aufgeschaltet, in den nächsten Monaten kommen weitere hinzu.
Die Schweizer Leuchtturmprojekte wurden mit dem Business Agroecology Tool auf ihren Anteil Agrarökologie bewertet.
Faktenbasierte Diskussion ermöglichen
Die Bewertung der Leuchttürme der Agrarökologie erfolgte mit dem von Biovision entwickelten B-ACT-Tool. Es ermöglicht, vereinfacht ausgedrückt, zu untersuchen, wie viel Agrarökologie in einem Betrieb steckt. So zeigen wir auf, wie Agrarökologie zu nachhaltigen Ernährungssystemen beiträgt – und weshalb konventionelle Betriebe dazu nicht imstande sind. So ermöglichen die Leuchtturmprojekte eine faktenbasierte Diskussion. Sie sollen aber auch Konsumentinnen und Konsumenten informieren und inspirieren.
«Agrarökologie ist in der Praxis angekommen! Aber viele Projekte kämpfen mit den schlechten Rahmenbedingungen», hat Samira Amos bei der Auswahl der Leucht- türme herausgefunden: «Die heutige Landwirtschaftspolitik ist ungenügend auf agrar- ökologische Innovation und Vielfalt ausgerichtet. Bessere Rahmenbedingungen für Agrarökologie sind jedoch eine zentrale Grundlage für eine nachhaltige Schweizer Ernährungszukunft.»