Gemeinschaftliche Lebensmittelversorgung im Quartier

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Samira Amos, Biovision. (Bilder: Caroline Krajcir)

Die rampe5 ist eine Bio-Lebensmittelkooperative der Genossenschaft Grassrooted im Zürcher Kreis 4 mit sozial und ökologisch nachhaltigen Lebensmitteln für den täglichen Gebrauch. Dabei gestalten die Konsumierenden die Kooperative mit und was an der Kasse für die Lebensmittel bezahlt wird, geht grösstenteils direkt an die Produzierenden.

Das Projekt «rampe5» im Kurzporträt 

Die rampe5 lebt ein solidarisches Mitgliedermodell mit einer klaren Mission: kurze und transparente Wertschöpfungsketten. Einerseits sind die angebotenen Produkte für den täglichen Gebrauch weitgehend regional und direkt ab Hof, zu einem grossen Teil vom Gut Rheinau mit Standort in der gleichnamigen Gemeinde des Kantons Zürich. Andererseits gibt es bei der rampe5 keine intransparenten Margen wie bei herkömmlichen Supermärkten: Die knapp 100 Mitglieder zahlen einen monatlichen Beitrag und tragen damit die Fixkosten der Kooperative mit. Der Ladenpreis für die Produkte ab Hof fliesst deshalb zu einem grossen Teil direkt an die Produzierenden. Die rampe5 steht nicht nur Mitgliedern der Genossenschaft offen. Diese tragen jedoch die Kooperative durch den Mitgliederbeitrag mit und profitieren somit von tiefen und transparenten Margen.

Die Verbindung zwischen Konsumierenden und Produzierenden wird mit mehreren Hoftagen pro Jahr gestärkt. Dort helfen Konsumierende auf den Feldern mit. So erleben sie hautnah, woher ihre Lebensmittel kommen und was es braucht, damit sie bei ihnen auf dem Teller landen. Die Mitglieder der rampe 5 können sich über die Feldarbeit und den Einkauf in der Kooperative hinaus solidarisch zeigen:  Das Lokal der rampe5 dient auch als Abholort von Sammelbestellungen von Grassrooted. So werden in der rampe5 an den sogenannten Abholtagen auch Produkte verkauft, die sonst als Foodwaste vernichtet werden würden – sei es infolge von Abweichungen von den Normen der Grossverteiler, wegen Ernteüberschüssen oder durch plötzlich wegfallende Absatzmärkte.

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Biovision bietet mit der Rubrik «Beispiele für ein nachhaltiges Ernährungssystem» jenen Initiativen und Projekten in der Schweiz eine Bühne, welche ohne unsere Begleitung oder finanzielle Unterstützung ein nachhaltiges Ernährungssystem mitgestalten. Damit zeigen wir, dass zukunftsfähige Lösungen existieren und ein Wandel möglich ist.

rampe5 im Internet

Mehr als Bio

Die rampe5 verkauft Lebensmittel, die nicht nur den biologischen Standards entsprechen, sondern deren Qualität in der Regel darüber hinaus geht. Durch die Förderung dieser Produkte trägt es zu einer erhöhten Ressourceneffizienz und Resilienz bei (Prinzipien 1-7 in der Grafik).

Gemeinsam wachsen

Im Fokus steht bei der rampe5 die Zusammenarbeit zwischen Konsumierenden und Produzierenden sowie soziale Gerechtigkeit (Prinzipien 8-11. Prinzipien 12 und 13 betreffen übergeordnete politische Arbeit, die die rampe5 als lokale Initiative nicht leistet). Dank der Direktvermarktung profitieren alle: Für die Konsumierenden stehen täglich frische, ökologische, sozial nachhaltige und transparent produzierte Lebensmittel zur Verfügung. Für die Produzierenden entsteht ein neuer Absatzmarkt mit zusätzlichen Vorteilen: Im Vergleich zu konventionellen Läden, fliesst ein grösserer Teil des Endpreises direkt in die Landwirtschaft, und zusätzlich zu den Mitgliedsbeiträgen zahlen Konsumierende einen frei gewählten monatlichen Landwirtschaftsbeitrag. Diese Mittel stehen den Produzierenden frei zur Verfügung und sie entscheiden, ob sie damit beispielsweise Anbaurisiken abfedern, Projekte für nachhaltigen Wissensaufbau oder neue Anbaumethoden (z.B. falls ein neues Agroforstsystem gepflanzt wird) finanzieren wollen.

Mehr als ein Bio-Laden

Die rampe5 bringt mir ihrem Ansatz Stadt und Land näher zusammen. Der Vorgarten, in welchem Besucher:innen bei Süssmost, Café oder Bier verweilen können, ist ein beliebter Treffpunkt und wertet so das Quartier auf. Mit regelmässigen Veranstaltungen unterstützen sie den Zusammenhalt der lokalen Bevölkerung und bieten damit kollektive Lernräume. Dazu gehören zum Beispiel die regelmässigen rampe5-Plena, die Raum bieten für Diskussionen über aktuelle Herausforderungen, wie etwa die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft.

Das POT Netzwerk

Die rampe5 ist Teil des POT Netzwerkes (POT ist abgeleitet vom Wort “Depot”), das interessierte Gruppen und Personen beim Aufbau einer partizipativen und solidarischen Lebensmittelkooperative berät und begleitet. Dadurch ermöglicht es einen breiten Erfahrungstausch und erarbeitet wirksame Werkzeuge für bestehende und neue Projekte. Im Netzwerk von POT wird die rampe5 als Pionier- und Vorzeigeprojekt eingesetzt. 

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Das Spinnendiagramm zeigt die Auswertung des Projekts «rampe5». Da das Projekt nicht mit Nutztieren arbeitet, ist das Prinzip 4 «Gesundheit der Tiere» nicht anwendbar.

So funktioniert die Bewertung mit B-ACT

Das B-ACT spiegelt die Ausrichtung von Unternehmen, Projekten und Initiativen an den 13 agrarökologischen Prinzipien des «High Level Panel of Experts on Food Security and Nutrition» (HLPE) wider (siehe «Agrarökologie kurz erklärt»).

Dabei ist jedes Prinzip in eines der drei übergeordneten Themen eingeordnet:

  • Erhöhung der Ressourceneffizienz
  • Stärkung der Resilienz
  • Sicherung der sozialen Gerechtigkeit

Zu allen Prinzipien wurden von Biovision in Zusammenarbeit mit Partner:innen Fragen erarbeitet, die in das B-ACT eingebaut wurden. Je mehr Fragen für eine Initiative oder ein Geschäftsmodell positiv beantwortet werden können, desto höher ist der Beitrag zu dem entsprechenden Prinzip.

Illustration des B-ACT Tools auf einem Computer.

Damit punktet das Projekt

Die rampe5 legt grossen Wert auf die Wertschätzung gegenüber den Produzierenden und setzt diese konsequent auch praktisch um. Seit dem Anfang begegnen die Initiant:innen Produzierenden auf Augenhöhe und leben ein wertschätzendes Miteinander, etwa durch gemeinsame Arbeit auf dem Feld. Neben fairen Preisen bietet die rampe5 den Produzierenden weitergehende Leistungen wie Landwirtschaftsbeiträge, eine solidarische Haftung des Anbaurisikos oder mit Sammelbestellungen ein zusätzlicher attraktiver Absatzkanal.

 

Konsumierende ermöglicht die rampe5 mit den Hoftagen oder den Veranstaltungen, selbst Akteur:innen des Wandels zu werden und ein neues Ernährungssystem für die Stadt Zürich aktiv mitzugestalten. Die Kooperative ist im Quartier ein wichtiger Raum für Begegnung, Vernetzung und sensibilisiert die Bevölkerung für Themen wie Regionalität, Saisonalität oder wahre Kosten der Lebensmittel.

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Einen Einblick in das Interior von rampe5. Bild: Caroline Krajcir.

Diese Herausforderungen bestehen für das Projekt

Die rampe5 möchte für möglichst alle Bevölkerungsschichten offen sein. Allerdings sind ökologische Produkte häufig teurer als konventionelle, unter anderem weil sie in der Regel mehr Handarbeit erfordern und Ernten oft kleiner ausfallen. Aus diesem Grund geht die rampe5 Kompromisse ein und bietet in der Lebensmittelkooperative auch Artikel an, die preisgünstig sind, aber die hohen Ansprüche der Genossenschaft nicht hundertprozentig erfüllen. Um das Mitmachen zu erleichtern, ist der Mitgliederbeitrag bei der rampe5 einkommensabhängig. Trotz dieser Massnahmen stellen die Initiant:innen von der rampe5 fest, dass ihr Konzept nicht für alle Bevölkerungsschichten gleichermassen ansprechend ist. Damit partizipativ-agrarökologische Projekte wie die rampe5 langfristig existieren können, ist eine breite Trägerschaft unerlässlich.

Die Voraussetzungen dafür müssen auch durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen auf politischer Ebene geschaffen werden. Dazu gehört zum Beispiel die Berücksichtigung der wahren Kosten der Produkte (“True Cost”). Der Preis von Produkten sollte auch die versteckten und oft langfristigen Kosten berücksichtigen, die mit diesem Produkt verbunden sind. Bio-Produkte werden oft nachhaltiger und umweltfreundlicher hergestellt, ohne den Einsatz schädlicher Pestizide und Chemikalien. Dadurch wird beispielsweise die Boden- und Wasserverschmutzung reduziert. Wird die Verschmutzung im Preis von konventionellen Produkten berücksichtigt, sind diese im Vergleich zu Bio-Produkten weniger wettbewerbsfähig.

Neben der eigentlichen Bio-Lebensmittelkooperative möchte die rampe5 als partizipativ-ökologisches Projekt auch ein Ort sein, an dem sich Menschen aus dem Quartier treffen und sich gemeinsam für eine nachhaltige und gerechte Ernährung einsetzen. Es ist eine Herausforderung, genügend Menschen für das eigene Projekt zu begeistern und neben der operativen Arbeit in der Kooperative zusätzlich ein ansprechendes Programm für die Genossenschaftler:innen anzubieten.

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