Mitgestalten der Schweizer Ernährungszukunft

Von

Martin Grossenbacher, Biovision

2022 gab Biovision mit dem Projekt «Ernährungszukunft Schweiz» wichtige Impulse im Inland für eine zukunftsgerichtete Ernährungspolitik.

Die Schweizer Ernährungspolitik soll rasch nachhaltiger und krisenresistenter werden. Angesichts des Kriegs in der Ukraine, der Klimakrise und der Covid-Pandemie nahm letztes Jahr die Diskussion über das beste Ernährungssystem für die Zukunft (endlich!) wieder Fahrt auf. Die Richtung ist klar: In seiner «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030» deklariert der Bundesrat das Ernährungssystem als einen zentralen Hebel, um die Schweiz bei den 17 Zielen der UN-Agenda 2030 weiterzubringen. Konsum und Produktion gehören denn auch zu den Schwerpunktthemen im Aktionsplan des Bundesrats. Mit mehreren Projekten leistete Biovision auch im letzten Jahr einen aktiven Beitrag, damit die Schweiz die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 erreicht.

Aufklären der Konsument:innen von morgen

Für ein funktionierendes, nachhaltiges Ernährungssystem müssen alle Akteur:innen entlang der Wertschöpfungskette – von der Heugabel bis zum Suppenlöffel – am gleichen Strick ziehen. Deshalb sind auch wir als Konsument:innen gefordert. Seit 2011 sensibilisiert Biovision mit CLEVER in der Schweiz junge Menschen und vermittelt hilfreiche Tipps für umwelt- und tierfreundliches sowie faires und sozial gerechtes Einkaufen. Dafür erhielt CLEVER 2022 am Pfadi-Bundeslager «Mova» im Goms mit über 30 000 Teilnehmenden eine besondere Bühne: Da, wo die Mädchen und Knaben traditionell lernen, wie sie als Pfadi zur Natur Sorge tragen können, vermittelte ihnen CLEVER in einem eigenen Ausstellungszelt, wie sie mit nachhaltigem Konsum im Alltag die Umwelt schützen.

In der Romandie konnte Biovision 2022 mit der Universität Lausanne eine Partnerschaft abschliessen. Diese zeigt bereits konkrete Resultate: Für Lehrpersonen wurde das pädagogische Modul «Gesunder UND nachhaltiger Speiseplan» entwickelt und eingeführt. Und die Abteilung Kultur- und Wissenschaftsvermittlung veranstaltete mit unserem Material bereits Workshops für nachhaltigen Konsum und sensibilisierte mit den Bodentönen und dem Unterrichtsmaterial von Sounding Soil Schulklassen für gesunden Boden.

Jugendliche hören mit Sounding Soil-Geräten den Boden nach Geräuschen ab.
Jugendliche hören mit Sounding Soil-Geräten den Boden nach Geräuschen ab.

Der Boden macht neugierig

Mit den beiden Projekten CLEVER und Sounding Soil hat Biovision im letzten Jahr insgesamt 9280 Personen in der Schweiz direkt erreicht. Vier von fünf Personen, die an der Mitmachaktion «Bodenhören» teilgenommen haben, sagten nach dem Hörerlebnis, nun mehr über den Boden lernen zu wollen. 46 % der CLEVER-Besucher:innen antworteten in unserer Umfrage, dass sie ihr Einkaufs- und Konsumverhalten in Zukunft nachhaltiger gestalten wollen. Und wir stellen mit Freude fest, dass in der Schweiz der Trend dafür positiv ist: Um 25 % hat seit 2018 die Zahl der Personen zugenommen, die täglich Bio-Lebensmittel konsumieren.

Mitglieder des Bürgerinnenrats sitzen im Freien im Kreis an einem Tisch
Die Mitglieder des Bürger:innenrats informierten sich vor Ort über nachhaltige Zukunftsprojekte, u. a. im Tessin bei Tigusto und Lortobio.

Impulse an die Politik

Wie soll eine Ernährungspolitik für die Schweiz aussehen, die bis 2030 allen Menschen gesunde, nachhaltige, tierfreundliche und fair produzierte Lebensmittel zur Verfügung stellt? Und welcher Weg führt dorthin? In Kooperation mit dem Netzwerk für Nachhaltigkeitslösungen Schweiz (SDSN) und dem Verein Landwirtschaft mit Zukunft lieferte Biovision im Rahmen des Projekts «Ernährungszukunft Schweiz» Antworten auf diese Fragen. Erstens in Form von über 100 differenzierten Empfehlungen, die auf verschiedenen Ebenen in der gesamten Wertschöpfungskette ansetzen. Diese wurden über sechs Monate hinweg vom ersten Schweizer Bürger:innenrat für Ernährungspolitik erarbeitet. Die 80 von einem Marktforschungsinstitut zufällig ausgewählten Personen aus der ganzen Schweiz erhielten ausgewogene Informationen von wichti gen Forschungsinstitutionen und Interessengruppen, etwa seitens landwirtschaftlicher Produktion, Verarbeitung, Handel, Umwelt- und Konsumentenorganisationen. Die Mitglieder des Bürger:innenrats diskutierten jede einzelne Empfehlung intensiv und stimmten am Ende demokratisch darüber ab. Das Ergebnis ist im besten Sinn ein «gutschweizerischer Kompromiss» und weist der Politik den Weg zu mehrheitsfähigen Lösungen. 

Bundesrat Guy Parmelin nimmt von Birgita Marion und Jasmin Fischer die Empfehlungen des Bürger:innenrats für Ernährungspolitik entgegen (vlnr)

Der zweite Anstoss für eine nachhaltige Ernährungszukunft Schweiz ist der wissenschaftliche Leitfaden «Wege in die Ernährungszukunft der Schweiz». Er wurde von 42 Forschenden renommierter Schweizer Institutionen erarbeitet und enthält einen konkreten politischen Handlungspfad, mit dem in der Schweiz der Wandel hin zu einem nachhaltigen Ernährungssystem gelingen kann. Die beiden Berichte wurden am ersten Schweizer Ernährungssystemgipfel Anfang 2023 vor 260 Teilnehmenden an Bundesrat Guy Parmelin übergeben.

Die Vertreterinnen und Vertreter aus dem Ernährungssystem von Produktion bis Handel und Konsum sowie aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung diskutierten am Gipfel die Vorschläge, wie eine Ernährungspolitik sinnvoll gestaltet werden kann. Dabei kamen sie zu einem erfreulichen Fazit: Eine Win-win-Umwandlung des Ernährungssystems, welche der Umwelt, den Produzierenden und der Bevölkerung gleichermassen dient, ist möglich.

Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz fördern

Wie unsere Nahrung produziert, verarbeitet und konsumiert wird, beeinflusst den ökologischen Fussabdruck im Inland und im Ausland massgeblich. Biovision sensibilisiert und motiviert die Bevölkerung und Institutionen, sich aktiv an der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sowie für eine agrarökologische Transformation einzusetzen. Dafür leisteten wir 2022 mit CLEVER, Sounding Soil oder «Ernährungszukunft Schweiz» einen wichtigen Beitrag.


Zum Jahresbericht 2022

Stand avec produits disposés sur une table dans un marché avec une vendeuse et une cliente

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