Biovision setzt sich verstärkt für die Erarbeitung von nationalen Agrarökologiestrategien ein, insbesondere in Burkina Faso, Kenia, Tansania und Uganda. Diese können einen wichtigen Beitrag leisten, um die Bedeutung der Agrarökologie auf nationaler Ebene deutlich zu verstärken, indem sie durch gezielte Massnahmen Bäuerinnen, Bauern und weitere wichtige Akteure entlang der agrarökologischen Wertschöpfungskette unterstützen.
Worum geht es bei der nationalen Agrarökologiestrategie?
Die Strategie soll die ökologische Landwirtschaft in Tansania systematisch fördern. Das ist neu: Die Regierung Tansanias hat sich damit bislang kaum auseinandergesetzt. Bei der Entwicklung der Gemeinden und der Sicherung des Lebensunterhalts der Menschen hat die Regierung die Oberhand. Wir können also nur etwas erreichen, wenn wir sie einbinden. Deshalb haben wir von TOAM gemeinsam mit anderen Organisationen darauf hingearbeitet, dass die Regierung eine Strategie dazu entwickelt. Die Regierung war zunächst skeptisch, aber sie hat zugestimmt, eine Strategie für ökologische Landwirtschaft zu verfassen.
Wie lief die Erarbeitung dieser Strategie?
Zuerst haben wir einen Lenkungsausschuss gebildet, in dem die Regierung und Nicht-Regierungsorganisationen vertreten waren. Dieser diskutierte mit den Bäuerinnen, Bauern und anderen Menschen vor Ort, um zu verstehen, was die Schwierigkeiten der ökologischen Landwirtschaft sind und wo sie Chancen sehen. Daraus ist der erste Entwurf entstanden, den wir von den gleichen Personen nochmals bewerten liessen. Dieses Vorgehen haben wir mit dem zweiten und dem dritten Entwurf wiederholt, bis wir eine Version hatten, die sowohl die Regierung als auch die Organisationen angenommen haben. In unserer weiteren Zusammenarbeit mit dem Ministerium haben wir jetzt eine Grundlage, auf die wir uns beziehen können.
Mwatima Juma
Als Vertreterin des Tanzania Organic
Agriculture Movement (TOAM)
hat sie an der Erarbeitung der NAS in
Tansania mitgewirkt, wo diese National
Ecological Organic Agriculture
Strategy (NEOAS) genannt wird.
Dr. Mwatima Juma ist spezialisiert auf
ländliche Entwicklung und leitet
einen Bio-Betrieb nach Permakultur.
Welche Herausforderungen gab es bei der Erarbeitung der Strategie?
Der Prozess war zeitaufwendig und kostspielig, da wir mit vielen Menschen in verschiedenen Regionen sprechen mussten. Die Regierung stellte das Team zur Verfügung, aber es gab keine Unterstützung vor Ort – keine Fahrzeuge oder Treibstoff, um die Leute zu treffen. Diese logistischen Herausforderungen machten den Prozess sehr schwierig und teuer, aber die intensive Beteiligung war entscheidend für die Akzeptanz der Strategie.
Warum ist diese Strategie für die Kleinbauernfamilien in Tansania so wichtig?
Weil in Tansania die Mehrheit der Menschen in Kleinbauernfamilien lebt. Und zunehmend erkennen wir, dass die konventionelle Landwirtschaft nicht für alle passt. Die Monokultur hilft den Kleinbauernfamilien nicht, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Bei der agrarökologischen Landwirtschaft geht es um die Erhaltung des Ökosystems, um Fairness in der Produktion, um die Gesundheit der Menschen und des Bodens. All dies können die Kleinbauernfamilien mit agrarökologischen Techniken erreichen. Ich weiss aus eigener Erfahrung von meinem Bauernhof in Sansibar, dass wir mit Vielfalt in der Lage sind, so zu produzieren, dass wir an jedem Tag des Jahres etwas zu essen haben.
Welche Vorteile bietet die agrarökologische Landwirtschaft noch?
Agrarökologie trägt auch zum Klimaschutz bei und verbessert die Bodenfruchtbarkeit. Die Wissenschaft zeigt uns, dass durch den biologischen Anbau der Boden mehr Kohlendioxid aufnehmen kann. Zudem wird die Abhängigkeit von chemischen Düngemitteln reduziert, was langfristig die Gesundheit der Böden verbessert und die Erträge stabilisiert.
Welche Rolle spielte Biovision in diesem Prozess?
Biovision war sehr hilfreich. Wir hatten Unterstützung auch von anderen NGOs. Wenn man eine Strategie entwickeln will, die wirklich für Nahrungssicherheit sorgt, dann kann man nicht im Büro sitzen und ein Dokument verfassen. Man muss zu den Leuten gehen und mit ihnen sprechen. Biovision hat uns das ermöglicht, indem sie Workshops finanziert hat. Auch der inhaltliche Input von Biovision war bei der Ausarbeitung der Strategie sehr wichtig. Ausserdem konnten wir dank Biovision einen Dialog mit Organisationen und Regierungen aus anderen Ländern führen, die sich ebenfalls um nationale Agrarökologiestrategien bemühen.
Was sind nun die Herausforderungen bei der Umsetzung?
Das Bewusstsein der Bäuerinnen und Bauern muss geschärft werden. Aber noch wichtiger ist das Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten, damit sie die Bäuerinnen und Bauern dazu bringen, das anzubauen, was gut für sie ist. Das unterstützt wiederum die Beratungsdienste und die Experten in den Regierungsstellen und Forschungsabteilungen in ihrer Arbeit. Die Umsetzung bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, auch wirtschaftlich.
Welche wirtschaftlichen Chancen bieten agrarökologische Praktiken?
Die Einführung der Agrarökologie kann gleichzeitig die Vielfalt erhöhen und Marktchancen schaffen. Junge Menschen entwickeln bereits biologische Pestizide, Biostimulatoren und nutzen lokale Pflanzen wie Niembäume. Diese Innovationen schaffen Einkommensmöglichkeiten und erleichtern den Zugang zu wichtigen Produkten und Dienstleistungen für die Bauern.
Welche Herausforderungen stellen multinationale Konzerne dar?
Die multinationalen Unternehmen haben erkannt, dass sie viel Geld verdienen können, wenn sie die Kontrolle über die Lebensmittel haben. Und sie wissen, dass sie diese Kontrolle nicht erhalten, wenn wir die Agrarökologie einführen. Denn die Landwirte werden ihr eigenes Saatgut aufbewahren und müssen kein Saatgut mehr kaufen. Die letzten 70 Jahre wurde uns versprochen, dass unsere Landwirtschaft uns zu mehr Sicherheit verhilft. Stattdessen graben wir unser eigenes Loch immer tiefer.
Weshalb ist es wichtig, dass Organisationen wie Biovision bei der Entwicklung einer nationalen Strategie mitwirken?
Weil Biovision unabhängig ist. Ihr entscheidet, wo Ihr Unterstützung leistet, um etwas zu bewirken. Viele andere Organisationen, haben politische Verbindungen. Biovision hat diese Vision. Und der Name sagt, dass es eine Vision ist, und Bio bedeutet Leben. Biovision ist eine Organisation, die mit ihrer Unterstützung sehr offen umgeht und keine anderen Interessen verfolgt. Wenn eine andere Organisation Unterstützung benötigt, geht Biovision genau darauf ein, was diese tun will, und fördert sie in dieser Richtung. Sie drängt die andere Organisation nicht, den Fokus zu ändern.
Was ist nun der nächste Schritt?
Mit Biovision sind wir daran, ein Fundraising-Konzept auszuarbeiten, um weitere Geldgeber anzufragen, die bereit sind, uns bei der Umsetzung zu unterstützen. Die Entwicklung eines soliden Umsetzungsplans und die strenge Überwachung und Bewertung der Fortschritte sind entscheidend. Ein Umsetzungsplan erfordert die Beteiligung vieler Akteure und eine intensive Diskussion mit den Betroffenen vor Ort.
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