Wie beurteilen Sie die Situation der Agrarökologie in Uganda?
Agrarökologie ist in Uganda auf einem guten Weg. Wenn man die Agrarökologie fördern will, muss man – wie bei jeder anderen Massnahme – zuerst die politische Richtung optimieren. Denn es ist die Politik, die die Rahmenbedingungen vorgibt. Wir haben mit der Entwicklung der nationalen Agrarökologie-Strategie begonnen und mit dem zweiten Entwurf die Hälfte des Weges hinter uns. Dieser Prozess wird nicht nur vom Landwirtschaftsminister vorangetrieben, sondern wir arbeiten auch mit Organisationen der Zivilgesellschaft zusammen. Zu den wichtigsten Organisationen gehört Pelum Uganda.
Anm.d.Red.: Pelum Uganda (Participatory Ecological Land Use Management Uganda) ist eine NGO und Partnerorganisation von Biovision, die ökologische Landnutzung und Kleinbauernfamilien in Uganda unterstützt.
Welches Potenzial sehen Sie für Agrarökologie in Uganda?
Wir haben ein sehr grosses Potenzial. Wir haben viel Land, viel davon noch unberührt. Gemäss Statistiken gehört Uganda zu den Ländern, die sehr wenig Chemikalien verbrauchen. 60 % unserer Bauernfamilien produzieren ohne chemische Düngemittel oder Herbizide. Zudem gibt es eine steigende Nachfrage nach Bioprodukten, die wir nicht befriedigen können. Wir verfügen über politische Unterstützung durch Pelum und andere Organisationen. Und wir haben auch Entwicklungspartner wie Biovision, die sehr viel tun. Die Zukunft für die Agrarökologie ist also sehr vielversprechend.
Bob Sunday
Ist die Ansprechperson für ökologische Landwirtschaft im Landwirtschafts- ministerium von Uganda und ist ausgebildeter Agrarökologe. Er hat unter anderem an Universitäten in Kampala und Aberdeen studiert.
Welche Herausforderungen gibt es, um das Ernährungssystem in Uganda nachhaltiger zu machen?
Bei der Produktion gibt es meiner Meinung nach Probleme mit den Betriebsmitteln. Wenn wir die Menschen zum ökologischen Landbau ermutigen, müssen wir sicherstellen, dass es keine Kontamination gibt. Es gibt zwar eine Reihe lokaler Hersteller von biologischen Pestiziden. Aber weil deren Preise etwas höher sind, können sie sich die Bauernfamilien nicht leisten. Auch die Mengen sind noch nicht ausreichend. Was wir jetzt brauchen, ist finanzielle Unterstützung, damit die Unternehmen die Kapazitäten steigern können. Zudem sind 500’000 Bäuerinnen und Bauern, die ökologisch produzieren, nicht zertifiziert, da der Zertifizierungsprozess teuer ist. Deshalb fördern wir mit anderen Akteuren ein partizipatives Zertifizierungssystem.
Was sind die Auswirkungen des Klimawandels auf die Agrarökologie in Uganda?
Eine grosse Herausforderung ist der Klimawandel: Die Jahreszeiten haben sich verändert, die Regenmuster sind nicht mehr verlässlich, neue Schädlinge und Krankheiten kommen auf uns zu. Das macht uns zu schaffen.
Kann Agrarökologie bei diesen Herausforderungen helfen?
Mit synthetischem Dünger konnte ein Bauer gestern eine grosse Ernte einbringen. Aber ist das nachhaltig? Morgen schon ist der Boden degradiert: Die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen, hat sich verändert, die Bodenstruktur hat sich verändert, der Boden ist völlig erschöpft. Die Agrarökologie setzt auf naturverträgliche Anbaumethoden und fördert so die biologische Vielfalt. Dies erlaubt uns, das Ökosystem zu nutzen, um die jetzige Generation mit Nahrungsmitteln zu versorgen, ohne die Bedürfnisse der künftigen Generationen zu beeinträchtigen.
Wie verlief der Start der nationalen Agrarökologie-Strategie?
Als wir mit der Entwicklung der Agrarökologie-Strategie begannen, herrschte unter den Beteiligten ein wenig Verwirrung. Einige Leute fragten sich: Es gibt Agrarökologie, es gibt ökologische Landwirtschaft, man spricht von klimafreundlicher Landwirtschaft, man spricht von regenerativer Landwirtschaft – wo liegen die Unterschiede? Was genau ist Agrarökologie? Also mussten wir ein grosses Treffen organisieren und eine Grenze zwischen den einzelnen Begriffen ziehen, damit wir die gleiche Sprache sprechen. Wir haben uns auf eine Definition der Agrarökologie geeinigt: Agrarökologie ist ein grosses Haus mit sehr vielen Zimmern. Es gibt einen Raum für die ökologische Landwirtschaft, einen für die klimaintelligente Landwirtschaft, und so weiter.
Welches Ziel verfolgt die Regierung mit der Entwicklung der NAS?
Ugandas Regierung ist eine der Regierungen, die wirklich versuchen, naturfreundliche Initiativen zu fördern. Es gibt zwar viele synthetische Stoffe. Aber jetzt versuchen wir mit dieser Strategie sicherzustellen, dass wir die Nahrungsmittelproduktion steigern, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren, aber auf nachhaltige Weise. Wir wollen Lebensmittel, die die wachsende Bevölkerung ernähren, die aber auch sicher vor Verschmutzung sind. Wenn man den Boden verschmutzt, tötet man alle Bodenmikroben und bringt dadurch das gesamte Ökosystem durcheinander.
Wie kann Agrarökologie die wirtschaftliche Entwicklung Ugandas unterstützen?
Wenn wir erst einmal eine Strategie haben und naturfreundliche Initiativen fördern, die Umwelt, die Gesundheit der Böden und die Wasserressourcen erhalten, können wir auch die Produktion und Produktivität verbessern. Wir werden in der Lage sein, ökologische Produkte zu exportieren, die den internationalen Standards entsprechen.
Welche Rolle kann eine Organisation wie Biovision dabei spielen?
Biovision hat bereits eine wichtige Rolle gespielt, indem sie uns mit Akteuren aus anderen Ländern in der Region vernetzt und den Austausch mit ihnen ermöglicht hat. Aber natürlich auch mit der Unterstützung von Pelum Uganda. Sie könnte auch beim Aufbau von Kapazitäten eine tragende Funktion einnehmen, etwa indem sie mit Stipendien für Doktoranden die Forschung in Agrarökologie voranbringt. Biovision kann uns auch helfen, die Strategie und die Gesetze dazu zu entwickeln. Wir sind erst auf halbem Weg und benötigen noch Mittel, um für die Strategie weitere nationale Konsultationen durchzuführen.
Was ist Ihre persönliche Motivation für Ihr Engagement für die Agrarökologie?
Das ist meine Leidenschaft. Ich habe diese innere Motivation, die mich antreibt. Ich möchte, dass die Natur bei allem, was wir tun, ihren Platz hat. Heute haben wir überall Verschmutzung: im Wasser, in der Luft, im Ernährungssystem. Wohin steuern wir? Wir müssen klug handeln! Wir müssen diese Fehler korrigieren. Und wir müssen dafür sorgen, dass die noch ungeborenen Menschen einen Planeten haben, auf dem sie atmen können. Sonst wird es eine Katastrophe geben.
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