Was bleibt, wenn ein Projekt von Biovision endet? 

Von

Lothar J. Lechner Bazzanella

Was passiert, wenn sich eine Organisation wie Biovision aus einem Projekt zurückzieht? Wie stellen wir sicher, dass erzielte Erfolge nicht verpuffen? Ein beendetes Projekt in Äthiopien zur Wiederherstellung der Bodenfruchtbarkeit bietet spannende Einblicke.

Rückblick: Drei Jahre lang arbeitete Biovision gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen und Kleinbauernfamilien daran, die Bodenverschlechterung in den äthiopischen Bezirken Dugda, Humbo und Borana einzudämmen und nachhaltige Lösungen zu schaffen. Im Mittelpunkt des Projekts standen gezielte Massnahmen, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern und Agroforste zu fördern – also die Kombination von Bäumen, Landwirtschaft und Tierhaltung. So konnten die Bauernfamilien nicht nur ihre Böden schützen, sondern auch neue Einkommensquellen erschliessen.  

Insgesamt wurden von 2021 bis 2024 über 400 Hektar übernutztes Land rehabilitiert, indem etwa invasive Pflanzen entfernt und dafür einheimische Bäume und Gräser gesetzt wurden. Gleichzeitig stiegen die Einnahmen der beteiligten Bäuerinnen und Bauern deutlich: In den Regionen Dugda und Humbo stieg der Ertrag aus dem Verkauf agroforstwirtschaftlicher Produkte um über 25%. Sogar 35% mehr Einkommen erwirtschafteten Viehhalterfamilien in Borana. 

Über 300 Haushalte begannen, stärker Obstbäume und Futterpflanzen in ihre Produktion einzubauen, um ihr Einkommen zu diversifizieren und mehr Tierfutter zu erzeugen. 88% der Viehhalterfamilien meldeten deutlich gesündere Tiere, was sich enorm positiv auf Milchproduktion und Fleischqualität auswirkte. Dank verbesserter Anbaumethoden wurden so nicht nur die Tiere gesünder, sondern auch die Erträge stabiler und die Ernährungssicherheit erhöht.  

Doch nun endet Biovisions direkte Beteiligung am Projekt. Die entscheidende Frage lautet: Was passiert jetzt? 

Nachhaltige Anbaumethoden sorgen für mehr und besseres Tierfutter – und dadurch für deutlich gesündere Tiere

Nachhaltigkeit als Chance

Die positiven Veränderungen sind in den Projektregionen heute klar erkennbar. Dies unterstreicht auch eine jüngste Publikation der Organisation 4Paws: Sie greift eine von Biovision und dem International Livestock Research Institute erarbeitete Fallstudie auf und hebt sie als Beispiel für innovative Ansätze gegen Landdegradation hervor. Ein Viehhalter aus der Region bringt es in der Umfrage zur Studie auf den Punkt: «Früher war es schwierig, genug Futter für meine Tiere zu finden. Jetzt habe ich gelernt, Futterpflanzen selbst anzubauen. Meine Tiere sind gesünder.» Auch eine Bäuerin aus Dugda bestätigt: «Dank dem Anbau von Papaya habe ich heute mehr Geld und kann meine Familie besser ernähren.» 

Neben diesen individuellen Erfolgen gibt es auch strukturelle Fortschritte: In mehreren Gemeinden haben die Bäuerinnen und Bauern Kooperativen gegründet, die sich in Zukunft um den weiteren Anbau von Bäumen und Futterpflanzen kümmern. 

Nach dem Projektende kommt es darauf an, ob das vermittelte Wissen weiterlebt – wie hier in einer Schulung in Dugda.

Nachhaltigkeit als Herausforderung 

Trotz dieser positiven Entwicklungen bleibt die langfristige Wirkung eines Projekts von vielen Faktoren abhängig. Die Herausforderung besteht oft darin, dass die Bauernfamilien ihre Zusatzeinnahmen tatsächlich für den weiteren Ausbau nachhaltiger Landwirtschaft nutzen und nicht in andere dringend benötigte Bereiche investieren. Aus unserer Projekterfahrung wissen wir: Je schwieriger die eigene finanzielle Situation, desto eher treten Themen wie Nachhaltigkeit und langfristige Planung in den Hintergrund.  

Rani Nguyen, Projektverantwortlicher bei Biovision, fasst es treffend zusammen: «Natürlich kann immer etwas passieren, das den langfristigen Erfolg eines Projekts gefährdet, seien es klimatische Extreme, Kriege oder wirtschaftliche Krisen. Wir setzen aber alles daran, dass die Menschen die positiven Effekte im Alltag und im Geldbeutel spüren und deshalb in Bäume, Futtergräser und nachhaltige Landwirtschaft reinvestieren.» 

Nachhaltigkeit bedeutet, Strukturen zu schaffen, die bleiben. Ein Trainer erklärt, wie neue Kompostiermethoden genutzt werden.

Nachhaltigkeit als Verpflichtung 

Die Wirkung von Entwicklungsprojekten steht zunehmend im Fokus des öffentlichen Interesses. Umso wichtiger ist es, dass sie langfristig Verbesserungen ermöglichen. Biovision konzentriert sich deshalb von Beginn an auf Ansätze, die den Erfolg eines Projekts über unsere Beteiligung hinaus sichern. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass echte Veränderung Zeit braucht. Die ersten Jahre nach Projektende sind entscheidend, um zu sehen, ob sich die positiven Entwicklungen verstetigen.  

In Dugda, Humbo und Borana stimmen erste Zahlen sehr hoffnungsvoll: Die Bauernfamilien behalten das vermittelte Wissen und die nachhaltigen Methoden nicht nur bei, sondern geben es auch aktiv weiter. Die Erfahrung aus früheren Projekten zeigt: Wenn nachhaltige Prinzipien einmal verankert sind, können sie langfristig Wirkung entfalten – auch ohne externe Unterstützung. 

Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, was nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit für Biovision bedeutet: Gemeinsam mit den Menschen vor Ort Strukturen zu schaffen, die bleiben. Wissen, Netzwerke und Methoden, die langfristig bestehen – über das Jetzt hinaus. 

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