James Kagwe war täglich als Milchmann in seinem Quartier in der zentralkenianischen Stadt Naivasha unterwegs und was er dabei sah, störte ihn: Die Strassen waren übersäht mit Müll. Also begann er, ihn aufzusammeln. Erst vergrub er ihn in einem Loch, dann brachte er ihn zur Deponie, bald unterstützt von jungen Männern, die ihm die Behörden zur Seite stellten. «Ich erkannte jedoch», so Kagwe, «dass ich damit das Problem nur verlagerte.»
Und noch etwas fiel ihm auf: Dass rund 60 bis 70 % des eingesammelten Abfalls organischen Ursprungs waren. Er begann, diesen auszusortieren und Kompost herzustellen. Heute betreibt Kagwe ein selbst aufgebautes Recycling- und Urban-Gardening-Center mit insgesamt 15 Angestellten, mitten im Quartier: Vorne wird der Müll getrennt, hinten wandeln sich riesige Mengen Biomülls – 4 Tonnen monatlich – zu Kompost, dazwischen hat es Gärten. Hier bauen Menschen aus dem Quartier ihr eigenes Gemüse, Früchte und Kräuter an, nachdem sie in pestizid- und kunstdüngerfreiem Anbau geschult worden sind.
Das Problem selbst in die Hand genommen
Kagwe fragte bei den Behörden nach, ob man nicht ein Abfallsammelsystem einführen könne. «Das ist leider nicht möglich», wurde ihm bescheiden. Also machte er es selbst. Mit seinen Mitarbeiter:innen verteilte er Säcke in den Haushalten, für die er eine kleine Gebühr verlangte. Das Bewusstsein im Quartier habe sich geändert, sagt Kagwe lächelnd: «Als die Leute sahen, dass ich Müll aufsammle, dachten sie, ich sei verrückt geworden. Nach ein paar Jahren sahen sie aber den Sinn dahinter.»
Schnell wurde ihm klar, dass es sich um einen Kreislauf handelt: «Essen wird zu Abfall, Abfall wird zu Essen.» Er bildete sich weiter in agrarökologischen Praktiken wie Kompostproduktion, Mulchen, Zwischenfruchtanbau und so weiter. Für wenig Geld konnte er ein degradiertes Stück Land ausserhalb der Stadt kaufen. Heute erblüht dort ein «food forest», ein «essbarer Wald», wie Kagwe es nennt: Fruchtbäume und Gemüse in grosser Vielfalt, natürlich alles ohne Pestizide und Kunstdünger – ein «Garten Eden», wie Kagwe stolz sagt.




Ein Ausbildungszentrum aus Abfall
Das Grundstück sei heute ein x-Faches des ursprünglichen Kaufpreises wert, verkaufen aber keine ption. Schliesslich möchte er noch viele Nachahmer:innen gewinnen, der «Food Forest» dient ihm als Anschauungsbeispiel. Sein Traum ist ein agrarökologisches Ausbildungszentrum. Mit dem Bau hat er bereits begonnen, für den Bau der Gebäude verwendet er grösstenteils Abfall. Letzten Herbst hat James Kagwe am von Biovision unterstützten Online-Gipfel «Shamba Jijini» («Urban Farming») teilgenommen. Hier ist er auf Gleichgesinnte gestossen – «Rainbow Warriors», wie er sie nennt. Mwatima Juma, engagierte Bio-Bäuerin und Betreiberin eines Ausbildungszentrums in Sansibar, habe ihm bei einem Besuch von der Sage erzählt, dass nach dem Öko-Kollaps die Regenbogenkrieger:innen übernehmen und die Erde in eine grüne Zukunft führen würden. James Kagwe gefällt diese Vorstellung. «Wir sind bereits eine Gruppe von Regenbogenkriegern hier in Kenia. Und wir werden immer mehr – irgendwann werden wir nicht mehr aufzuhalten sein.»