Mit Kaffee und Nüssen für mehr Nachhaltigkeit

Von

Patricio Frei, Biovision.

Wer agrarökologisch wirtschaften will, braucht einen langen Atem. In Kenia und Uganda setzen sich bereits dutzende passionierte Unternehmer:innen trotz der Herausforderungen des Marktes für eine nachhaltige Wirtschaft ein. Biovision bietet zusammen mit der Partnerorganisation Shona Unterstützung und hilft beim Wissensaufbau, der Vernetzung und dem Zugang zu Kapital.

20 Unternehmerinnen und Unternehmer haben im Herbst 2023 am ersten einwöchigen Bootcamp des «Neycha Accelerator & Fund» teilgenommen. Zu ihnen gehörte Joseph Nkandu, der in Uganda «Queen of Coffee» gegründet hat. Sein Unternehmen setzt auf nachhaltige Anbaumethoden und will gleichzeitig die Einkommenssituation von Kleinbauernfamilien verbessern. 

Mit welchen Herausforderungen sind Sie als Unternehmer, der sich an den 13 Prinzipien der Agrarökologie orientiert, konfrontiert?

In Uganda wird die Landwirtschaft im Allgemeinen von vielen Finanzierungsinstituten als ein riskantes Geschäft wahrgenommen. Das bedeutet, dass die Agrarökologie sogar als noch riskanter gilt als die konventionelle Landwirtschaft. Wir müssen beweisen, dass wir nachhaltiger als jede andere Form der Wirtschaft sind . Die anderen konzentrieren sich nur auf eine Dimension: die wirtschaftliche. Wir aber müssen alle drei Dimensionen betrachten: neben der wirtschaftlichen auch die soziale und die ökologische Dimension! Langfristig gesehen ist Agrarökologie viel wenige riskant.

Sie haben am Bootcamp des Neycha Accelerator & Fund teilgenommen. Wie war diese Erfahrung für Sie?

Es war eine sehr bereichernde Erfahrung. Vor allem bezüglich Agrarökologie hat es viel Bewusstsein geschaffen. Ich habe gelernt, was Agrarökologie im täglichen Leben wirklich bedeutet. Zuvor konnte ich bestimmte Dinge nicht einordnen. Zum Beispiel konnte ich nicht über die Solidarität und die sozialen Aspekte sprechen, die eigentlich Teil der Agrarökologie sind. Alles, was ich wusste, hatte mit Wissenschaft zu tun. Ich hatte also ein sehr enges Verständnis von Agrarökologie. Erst im Bootcamp habe ich ein Gesamtbild des Konzepts erhalten. Zwar wende ich bereits agrarökologische Methoden an, aber jetzt weiss ich, was noch weiter zu tun ist.

Joseph Nkandu Neycha

Joseph Nkandu

Seine Firma «Queen of Coffee» setzt auf Kaffeebohnen aus nachhaltigem und fairem Anbau.

Das Bootcamp des «Neycha Accelerator & Fund» hat auch Miswaleh Zingizi besucht. Mit ihrem Unternehmen beliefert sie Läden in Kenia mit Cashew-Nüssen in diversen Geschmacksrichtungen, als Energieriegel oder verarbeitet zu einer streichfähigen Paste.

Wie arbeiten Sie mit den Produzenten zusammen?

Wir haben eine Initiative ins Leben gerufen, die den Bäuerinnen und Bauern hilft, ihren Bestand an Bäumen zu verjüngen. Die meisten Bäume sind sehr alt. Wir setzen auf eine neue dürreresistente Sorte. Diese braucht zweieinhalb Jahre, um zu wachsen. Zudem bringen wir den Bäuerinnen und Bauern bei, dass sie auf die Gesundheit des Bodens achten müssen und mehr organischen statt synthetischen Dünger verwenden. Wir zeigen ihnen auch, wie sie selbst Dünger herstellen können. Dafür arbeiten wir mit einem Team von Beratern zusammen. Diese schulen die Bäuerinnen und Bauern, wie sie zwischen den Cashew-Bäumen eine zweite Frucht anbauen, wie beispielsweise Wassermelonen. Und das nützt beiden Pflanzen: Die Melonen bedecken den Boden, helfen, Feuchtigkeit zu speichern und Nährstoffe an die Oberfläche zu bringen, während die Cashew-Bäume Schatten spenden und so die Wasserverdunstung reduzieren. Dadurch profitieren beide Pflanzen voneinander und verbessern die Gesundheit des Bodens insgesamt. Wir arbeiten mit 400 Frauen zusammen, die die Cashew-Nüsse verarbeiten. Um die Qualität zu verbessern, haben wir vor Ort eine kleine Verarbeitungsanlage errichtet. Die Frauen haben sich in 20 Gruppen organisiert. Wir bezahlen einen guten Preis und geben ihnen mit unseren regelmässigen Abnahmen eine gewisse Sicherheit.

Miswaleh Zingizi

Cashew-Nüsse aus nachhaltigem Anbau werden bei ihr zu den verschiedensten Produkten verarbeitet. 

Was war Ihre Motivation, bei Neycha mitzumachen?

Als ich die Ausschreibung sah, dachte ich natürlich in erster Linie an die Finanzierung, um mein Unternehmen zu vergrössern. Aber ich habe dann schnell gemerkt, dass es um mehr geht. Es war genau das Richtige. Denn wir starten auf einer guten Grundlage agrarökologischer Praktiken. Mein Mann ist Arzt. Er sagt immer, dass wir in Kenia unbedingt mehr saubere Produkte herstellen müssen. Deshalb sind unsere Produkte alle natürlich. Wir verwenden keinerlei Zusatzstoffe oder Chemikalien.

Was planen Sie als nächstes?

Im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft wollen wir die Äpfel der Cashew-Nüsse zu Trockenfrüchten verarbeiten. Diese sind ja viel grösser als die Nüsse, werden aber normalerweise weggeworfen. Wir haben bereits mit einer Produktentwicklung begonnen: Wir entziehen dem Apfel einfach die Feuchtigkeit und verpacken ihn dann als Snack.

Im folgenden Video erfahren Sie noch mehr über den „Neycha Accelerator & Fund“:

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