Foodoo: Aus Abfall wird Gaumenschmauss

Von

Samira Amos, Biovision (Bild: Caroline Krajcir)

Foodoo macht Food Waste zum Geschmackserlebnis. Im Vordergrund steht dabei die Wertschätzung gegenüber den Lebensmitteln und den Landwirt:innen, die sie produzieren.

Das Projekt «Foodoo» im Kurzporträt 

In der Schweiz wirft jede Person durchschnittlich 300 kg Lebensmittel jährlich weg. Foodoo im bernischen Utzigen rettet Gemüse mit Schönheitsfehlern oder aus der Überproduktion vor dem Abfalleimer. Gegründet wurde das Schweizer Unternehmen vom Koch Mirko Buri und seinem Geschäftspartner Pierre-Yves Bernasconi. Gemeinsam mit regionalen Landwirt:innen retten sie Gemüse vor dem Abfall und verarbeiten es zu schmackhaften Produkten – mittlerweile bis zu zwei Tonnen täglich.

Um die wertvollen Nährstoffe des Gemüses zu schützen, verarbeitet es Foodoo schonend. Auf künstliche Zusatzstoffe verzichtet das Unternehmen bewusst. Aus dem geretteten Gemüse entstehen gesunde, schmackhafte und nachhaltige Bouillon, Tomatensauce, Ketchup und vieles mehr. Vertrieben werden die Produkte über mehrere Läden in der ganzen Schweiz sowie direkt von den Landwirt:innen, deren Gemüse gerettet wurde.

Biovision Schweiz Fodoo Produkte

Biovision bietet mit der Rubrik «Beispiele für ein nachhaltiges Ernährungssystem» jenen Initiativen und Projekten in der Schweiz eine Bühne, welche ohne unsere Begleitung oder finanzielle Unterstützung ein nachhaltiges Ernährungssystem mitgestalten. Damit zeigen wir, dass zukunftsfähige Lösungen existieren und ein Wandel möglich ist.

Foodoo im Internet

Regionale Wertschöpfung durch gerettetes Gemüse

Foodoo setzt in verschiedenen Bereichen an: Einerseits führt es zu einer Reduktion von Produktionsmittel (Prinzip 2 in der Grafik), in dem es Gemüse rettet und selbst keine Zusatzstoffe in der Produktion verwendet. Das Gemüse stammt ausschliesslich von Landwirt:innen aus der Region, um lange Transportwege zu vermieden. So bietet Foodoo rund 50 Landwirt:innen die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Diversifizierung (Prinzip 7). Diese haben bei Foodoo starkes Mitspracherecht, setzen die Preisen für das gerettete Gemüse und vermarkten die daraus entstehenden Produkten oftmals auf ihren eigenen Betrieben. Da auch die Logistik, Verpackung und Verarbeitung entweder bei Foodoo selbst oder bei der Stiftung Transfer in Thun erfolgt, hat Foodoo wahrlich einen regionalen Kreislauf geschaffen (Prinzip 11).

Eine lebendige Gemeinschaft für den Ernährungswandel

Foodoo setzt sich in seiner gesamten Marketing-Kommunikation für einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln ein. Gleichzeitig bindet Foodoo Konsument:innen aktiv in das Projekt ein: Das Unternehmen dient auch als Treffpunkt und Schulungsraum für Unternehmen, Privatpersonen und Schulklassen, die sich für die Verminderung von Food Waste einsetzen wollen. Dabei wird gemeinsam Wissen generiert und vermittelt (Prinzip 8). Während den sogenannten «Factory Events» organisiert Foodoo zudem Schnippel-Discos unter fachkundiger Aufsicht mit einer Vielzahl Freiwilliger zur Herstellung von Gemüsebouillon. Durch die gemeinsame Wertschätzung für die geretteten Lebensmittel und den Spass an der Sache wird eine gleichgesinnte Community aufgebaut, bei der oft auch die Landwirt:innen anwesend sind. Dieser ganzheitliche Ansatz von Foodoo trägt zu einem gesellschaftlichen Bewusstseinswandel und zur Änderung von Ernährungsweisen (Prinzip 9) bei.

«Unsere Rolle spielen wir in der Küche»

Foodoo ist nicht politisch aktiv (Prinzip 12 und 13), da sie ihre Rolle in der Küche sehen. Zur Biodiversität (Prinzip 5), Herstellung von Synergien (Prinzip 6) und der Gesundheit der Tiere und Böden (Prinzip 3 und 4) trägt das Projekt nicht direkt bei, da sie selbst keine Richtlinien an die landwirtschaftlichen Betriebe setzen und Regionalität stärker als das Bio-Label gewichten.

Biovision Foodoo B-ACT Grafik
Das Spinnendiagramm zeigt die Auswertung des Projekts «Foodoo».

So funktioniert die Bewertung mit B-ACT

Das B-ACT spiegelt die Ausrichtung von Unternehmen, Projekten und Initiativen an den 13 agrarökologischen Prinzipien des «High Level Panel of Experts on Food Security and Nutrition» (HLPE) wider (siehe «Agrarökologie kurz erklärt»).

Dabei ist jedes Prinzip in eines der drei übergeordneten Themen eingeordnet:

  • Erhöhung der Ressourceneffizienz
  • Stärkung der Resilienz
  • Sicherung der sozialen Gerechtigkeit

Zu allen Prinzipien wurden von Biovision in Zusammenarbeit mit Partner:innen Fragen erarbeitet, die in das B-ACT eingebaut wurden. Je mehr Fragen für eine Initiative oder ein Geschäftsmodell positiv beantwortet werden können, desto höher ist der Beitrag zu dem entsprechenden Prinzip.

Illustration des B-ACT Tools auf einem Computer.

Damit punktet das Projekt

  • Foodoo setzt auf Regionalität und nutzen keine künstliche Inhaltsstoffe.
  • Foodoo bringt Akteur:innen aus der ganzen Wertschöpfungskette Dabei sind die Einkaufsmengen und die Margen zu 100% transparent, wodurch Gespräche zu den Preisen und dem Projekt im Allgemeinen auf Augenhöhe stattfinden.
  • Foodoo verbindet Konsument:innen und Landwirt:innen durch die Freude am Retten von Lebensmitteln. Die Factory Events und Schulungen tragen massgeblich zur Sensibilisierung der Konsument:innen bei und führen zu einer grossen Wertschätzung gegenüber den Landwirt:innen.
Biovision Schweiz Fodoo Produktion
Foodoo-Gründer Mirko Buri (vorne) und Pierre-Yves Bernasconi in der Küche.

Diese Herausforderungen bestehen für das Projekt

Das Marketing und der Verkauf der Produkte sind eine Herausforderung für sich. Food Waste gibt es zur Genüge und die Produktion läuft gut. Vielmehr ist es erschreckend, was für hohe Mengen das Unternehmen absetzen muss, um zu überleben: Obwohl Foodoo über 100‘000 Gläser im Jahr produziert und täglich bis zu zwei Tonnen Food Waste verarbeitet sowie als zweites Standbein Schulungen und Workshops anbietet, reichen die Einnahmen knapp für vier Stellen. Somit ist es einerseits für Foodoo zentral, sich einen Stammkundenkreis aufzubauen und einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erreichen. Andererseits muss es gelingen, den Kund:innen die höheren Preise, die durch die kleine Betriebsgrösse bedingt sind, zu kommunizieren. Um das Unternehmen in seinem Vorhaben zu bestärken, könnte man auf politischer Ebene beispielsweise Food-Waste-Produkte von der Mehrheitssteuer befreien. Solche Überlegungen würden Anreize schaffen, Food Waste zu minimieren.

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