Wir sitzen im Schatten einer Akazie in Nuna Raba, einem Dorf in der äthiopischen Provinz Siraro, und warten. Harald Grabher, Projektverantwortlicher von Caritas Österreich, und ich sind zusammen im Südwesten Äthiopiens unterwegs, um die Partner unseres gemeinsamen Projekts zu besuchen. Uns gegenüber diskutiert eine Gruppe von Frauen angeregt. Sie gehören zur Spar- und Kreditgemeinschaft «Biftu», dem Wort für «Sonnenaufgang» in der Lokalsprache Oromo. Die Gruppe wurde im Rahmen des Projekts «Ernährungssicherheit im ländlichen Äthiopien» gegründet. Jetzt warten sie wie wir auf Robdu Worana, die Hüterin der Gruppenkasse. Robdu trifft schliesslich mit einer mit drei Vorhängeschlössern gesicherten schweren Metallkiste ein. Diese enthält die Ersparnisse, welche die Gruppenmitglieder mit regelmässigen Beiträgen von rund 20 Rappen pro Monat gesammelt haben. Braucht eine der Frauen Geld für eine grössere Anschaffung, etwa für den Kauf einer Ziege oder für einen Arztbesuch, entscheidet die Gruppe gemeinsam über die Rückzahlungskonditionen.
Bodenfruchtbarkeit und Einkommen
Die Kreditgemeinschaft ist nur eine von verschiedenen Initiativen, welche die Menschen im Projekt mit Unterstützung des Teams von Tesfaye Fetenu, Projektleiter beim Social Development Coordinating Office of Meki der katholischen Kirche Äthiopiens (SDCOM), über die vergangenen Jahre in der Region umgesetzt haben, um die Haushalte resilienter zu machen. Das gilt nicht nur für soziale Herausforderungen wie Krankheiten oder den Preiszerfall landwirtschaftlicher Produkte, sondern vor allem auch für Dürren und Überschwemmungen.
Das Projekt konzentriert sich auf zwei Stossrichtungen: auf Massnahmen zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit sowie auf eine Diversifizierung der Einkommensmöglichkeiten, um den Lebensunterhalt der Beteiligten auf verschiedene Standbeine abzustützen. Zum Schutz des Bodens gegen die verheerende Erosion werden Wälle und Gräben angelegt, die das kostbare Wasser zurück in den Boden bringen, damit es nicht ungenutzt abfliesst. Und weil sich das Regenwasser nicht an Grundstücksgrenzen hält, besteht eine wichtige Aufgabe des Projektteams in der Vermittlung zwischen den Landbesitzenden und deren Zusammenschluss in Zweckverbänden. Die Bauarbeiten werden gemeinsam und grundstücksübergreifend während der Trockenzeit ausgeführt, damit das Wasser rechtzeitig zur Anbauzeit für die Pflanzen zur Verfügung steht.
Einführung effizienter Öfen
Eine der nachhaltigsten Massnahmen gegen die Erosion ist das Verhindern der Abholzung. Nach wie vor benutzen in Äthiopien 99 % der ländlichen Haushalte Holz zum Kochen. Das führt zu einem grossen Druck auf die wenigen verbliebenen Bäume. «Es bringt wenig, wenn die rund 150 000 Bäume, die wir im Verlauf des Projekts gepflanzt haben, für Brennholz wieder gefällt werden», sagt Projektleiter Tesfaye Fetenu. «Darum fördern wir die Anwendung von effizienten Feuer stellen. Traditionellerweise wird der Kochtopf auf drei Steine über das offene Feuer gestellt, wodurch viel Energie verloren geht. Die neuen geschlossenen Feuerstellen benötigen viel weniger Holz. Sie reduzieren die Rauchentwicklung und damit auch die Gesundheitsbelastung.»
Frauenförderung im Fokus
Schulungen zur Imkerei, Ziegen- und Hühnerhaltung oder dem Anlegen von Permakulturgärten tragen stark zur finanziellen Absicherung der ärmsten Haushalte in den Distrikten Arsi Negele und Siraro bei. Im Verlauf des Projekts wurde aber auch der staatliche landwirtschaftliche Beratungsdienst ins Trainingsprogramm miteinbezogen, um die fachliche Unterstützung auch nach Projektabschluss zu sichern. Mit einer neuen Initiative von SDCOM werden die bewährten Massnahmen in den Regionen Tiyo und Hitosa jetzt weiterentwickelt und durch einen starken Fokus auf die Förderung von Frauen ergänzt.