Die Kühe von Pirmin Adler haben abwechslungsreiches Futter: Ihre Weide ist umsäumt von Hainbuchen, Ahorn, Vogelbeere und vielen weiteren Bäumen und Sträuchern. Diese dienen ihnen als wertvolle Vitamin- und Mineralstofflieferanten. Dadurch braucht der Hof Adlerzart in Oberrüti AG weniger zugekaufte Futterergänzungsmittel und tierärztliche Behandlung. Das Agroforstsystem hält den Boden gesund und fördert die Artenvielfalt. Allerdings war dessen Planung und Umsetzung für Pirmin Adler aufwendig: Expertise für agrarökologische Methoden ist nicht einfach zu finden, das meiste Wissen musste er sich selbst aneignen. Bäume zu pflanzen kostet viel Zeit und Geld. Zudem galt es, rechtliche Fragen zu klären.
Dieses Beispiel zeigt: Die Leuchttürme, wie wir die Vorreiter der Agrarökologie nennen, existieren nicht wegen, sondern trotz der vorherrschenden Rahmenbedingungen. Erfolgreich sind sie einzig in der Nische. Gleichzeitig sind auch viele konventionelle Landwirtschaftsbetriebe dem Druck des Marktes und seinen tiefen Lebensmittelpreisen ausgesetzt.
Hier setzt die Studie von Biovision an: Wenn agrarökologische Ansätze nicht nur etwas für hochmotivierte Einzelne bleiben, sondern für viele Betriebe attraktiv werden sollen, dann müssen sich die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ändern. Diese sind die zentrale Grundlage für eine nachhaltige Schweizer Ernährungszukunft.
«Agrarökologie systemisch denken»
Basis für die Studie bildeten zahlreiche Gespräche mit Vertreter:innen innovativer Betriebe sowie Personen aus der Beratung und Forschung. Zusätzlich hat das Beratungsbüro Flury & Giuliani, das die Studie erarbeitete, eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt. Die Studie geht dabei neue Wege: Sie legt den Fokus auf die Erfahrungen derer, die bereits heute den Wandel vorleben. Denn diese wissen am besten, was funktioniert – und wo die grössten Stolpersteine liegen.
Die Studie liefert uns drei wichtige Erkenntnisse:
1. Vielfalt ist in der Agrarökologie entscheidend, um die Resilienz von Betrieben gegenüber Klimakrise und dem Biodiversitätsverlust zu stärken. So baut das Team des Biohofs Rinderbrunnen in Grüt ZH auf 30 Hektaren Getreide, Gemüse und Hülsenfrüchte an – und hält zudem Rinder, Lämmer und Hühner. Möglich ist dies nur, wenn die Last und das nötige Knowhow auf mehrere Personen verteilt wird. Das Direktzahlungssystem muss Diversität und neue Organisationsformen stärker fördern.
2. Das Wissen zu agrarökologischen Praktiken mussten sich viele Pionierbetriebe selbst aneignen. Nachhaltigkeit und Agrarökologie sollen einen festen Platz in der landwirtschaftlichen Ausbildung erhalten. Ebenso wichtig ist der Wissenstransfer zwischen Betrieben.
3. Handel und Konsum müssen mitziehen. Die Konsument:innen müssen verstehen, wie ihre Kaufentscheidungen einen Unterschied machen: Nachhaltig produzierte Lebensmittel dürfen kein Luxus bleiben, sondern müssen für alle erschwinglich sein.
Die Studie hat gezeigt, wie viel Wissen, Expertise und Erfahrung jene besitzen, die bereits heute mit grossem persönlichem Engagement agrarökologische Ansätze in die Praxis umsetzen. Unser Projektleiter Daniel Seifert fasst es treffend zusammen: «Es war enorm wertvoll, direkt von den Erfahrungen aus den Leuchttürmen für unsere politische Arbeit zu lernen. Die Studie hat aber auch klargemacht: Einzelbeispiele reichen nicht aus, agrarökologische Landwirtschaft muss systemisch gedacht werden.» Zwischen Feld und Teller gibt es in jedem Bereich zahlreiche Handlungsoptionen, die es zu nutzen gilt, in der Landwirtschaft, im Handel und im Konsum.
Dieses Beispiel zeigt: Die Leuchttürme, wie wir die Vorreiter der Agrarökologe nennen, existieren nicht wegen, sondern trotz der vorherrschenden Rahmenbedingungen. Erfolgreich sind sie einzig in der Nische. Gleichzeitig sind auch viele konventionelle Landwirtschaftsbetriebe dem Druck des Marktes und seinen tiefen Lebensmittelpreisen ausgesetzt.
Hier setzt die Studie von Biovision an: Wenn agrarökologische Ansätze nicht nur etwas für hochmotivierte Einzelne bleiben, sondern für viele Betriebe attraktiv werden sollen, dann müssen sich die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ändern. Diese sind die zentrale Grundlage für eine nachhaltige Schweizer Ernährungszukunft.
Kleine Schritte statt einer Revolution
Eigentlich bräuchte es nicht viel, um Agrarökologie als Standard in der Landwirtschaft und Ernährung zu etablieren. Viele der vorgeschlagenen Massnahmen sind keine Revolution, sondern kleine Schritte: Anpassungen im Direktzahlungssystem hin zu mehr Vielfalt, stärkere Förderung von Wissenstransfer und mehr Sensibilisierung der Konsumierenden.
Realität ist aber: Diese Schritte sind schwer umzusetzen. Das aktuelle System reagiert nicht flexibel auf die Bedürfnisse innovativer Betriebe. Und die bestehenden Machtverhältnisse in der Agrarpolitik erschweren überfällige Veränderungen.
Wir werden unsere Erkenntnisse der Studie in unsere Arbeit zur Agrarpolitik AP30+ einfliessen lassen, mit der die zukünftige Schweizer Landwirtschaft festgelegt wird. Zudem wollen wir die Ergebnisse der Studie kommunikativ aufarbeiten, um verschiedene Zielgruppen zu erreichen und zu inspirieren: vom Laien bis zur Politikerin.
Betriebscoaching ermöglicht Wissenstransfer
Die Studie bildet eine wichtige Grundlage für die Arbeit von Biovision. So unterstreicht sie die Wichtigkeit unsere Projekte, wie das «Betriebscoaching mit Leuchttürmen der Agrarökologie», welches Biovision in Zusammenarbeit mit Agroecology Works! durchführen wird: Dieses praxisnahe Angebot ermöglicht den Wissenstransfer zwischen Bäuerinnen und Bauern – laut Studie ein zentrales Handlungsfeld.
Die Studie finden Sie auf www.biovision.ch/studie-agraroekologie