Das variable Klima in Zentraltansania – eine grosse Herausforderung

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Jacob Emanuel Joseph, Georg-August-Universität Göttingen; Bild: Franz Thiel

Im semiariden Distrikt Kongwa ist nicht nur die Trockenheit ein Problem, sondern auch der Regen: Er kommt oft zu spät, zu knapp – oder zu heftig.

Im Distrikt Kongwa in der zentraltansanischen Provinz Dodoma leben die meisten der 370 000 Einwohner:innen von einer kleinen Parzelle, meist kaum grösser als ein Hektar, auf der sie hauptsächlich Mais anbauen für den Eigengebrauch. Manche pflanzen ein oder zwei weitere Gemüse- oder Getreidesorten an oder halten dazu ein paar Tiere, die ihnen als Kapitalanlage dienen. Die Existenz dieser Kleinbauernfamilien steht auf wackligen Beinen, denn der Anbau in dieser Gegend geschieht unter sehr schwierigen Bedingungen.

In Kongwa herrscht ein heisses, semiarides Klima, das durch je eine ausgeprägte Regenund Trockenzeit gekennzeichnet ist. Die Regenzeit beginnt in der Regel im Dezember und dauert etwa fünf Monate bis April oder Anfang Mai des folgenden Jahres. Im restlichen Jahr fällt kein Niederschlag, nur sehr wenige Landwirt:innen haben die Möglichkeit, ihre Felder zu bewässern.

Enges Zeitfenster für den Maisanbau

Eine normale tropische Maispflanze braucht in der Regel etwa sechs Monate von der Aussaat bis zur Ernte. Die Bäuerinnen und Bauern haben also nur ein kurzes Zeitfenster, in dem sie den Mais pflanzen können. Setzt der Regen zu spät ein, droht eine Missernte, da die Pflanzen nicht mehr genügend Zeit haben, um zu wachsen. Zu viel Regen zur falschen Zeit kann dagegen zu Schwierigkeiten bei der Ernte und der Lagerung des geernteten Maises führen. Starkregen birgt das Risiko, dass die fruchtbare obere Schicht der Felder weggewaschen wird, insbesondere wenn diese während der Trockenzeit kahl sind. Dies wiederum führt dazu, dass auf den ohnehin schon wenig ertragreichen Böden kaum mehr etwas wachsen kann.

Porträt von Jacob Emanuel Joseph von der Universität Göttingen.

Jacob Emanuel Joseph

ist Doktorand der Agrarwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Er wurde in Mwanza, Tansania, geboren und lebt in Göttingen, Deutschland.

Mittels verschiedener statistischer Analysen untersuchten wir die Wettermuster in der Region und die möglichen Auswirkungen auf die pflanzliche und tierische Produktion der örtlichen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Wir nutzten langfristige Niederschlagsdaten (von 1981 bis 2020), die von der tansanischen Wetterbehörde (TMA) erhoben wurden, um Trends zu analysieren und diese mit den Bauern zu besprechen.

Die Analyse der Niederschlagsdaten ergab für den Distrikt Kongwa komplexe Muster und Trends. Obwohl in einer kürzlich durchgeführten Umfrage unter mehr als 200 Landwirt:innen in Kongwa 90 % angaben, dass die Niederschlagsmenge in den letzten 15 bis 30 Jahren abgenommen habe, war in unseren Daten kein signifikanter Trend zu erkennen. Allerdings zeigte sich in unserer Analyse eine deutliche, starke Variabilität der Niederschlagsmenge.

Von fünf aufeinanderfolgenden Jahren hatten mindestens drei eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass unterdurchschnittlich viel Regen fiel. In 3 der letzten 15 Jahre gab es nur etwa zwei Drittel der durchschnittlichen Niederschlagsmengen, wobei die Monate Dezember und Januar zu Beginn der Regenzeit trocken waren. Dies hatte zur Folge, dass die Bäuerinnen und Bauern erst spät säen konnten und die Maisernte deshalb sehr schlecht ausfiel. In 8 der letzten 15 Jahre gab es mindestens einen Starkregen zu Beginn der Saison, als die Felder noch kahl und trocken waren, was zu starker Erosion und grossen Bodenverlusten führte.

Landwirt:innen brauchen Unterstützung

In Zukunft ist zu erwarten, dass im Zuge des Klimawandels auch im Distrikt Kongwa die Wettermuster noch weniger vorhersehbar und noch extremer werden. In Fokusgruppendiskussionen wiesen Landwirt:innen im Distrikt darauf hin, dass in den Dürreperioden die Konflikte zwischen Landwirt:innen und Viehzüchter:innen zunahmen, da Letztere auf der Suche nach Futter für ihre Tiere immer mehr in die Anbaugebiete eindrangen.

Die in unserer Analyse dargelegten Beweise für die starken Klimaschwankungen und ihre Auswirkungen machen es erforderlich, dass Interessengruppen, politische Entscheidungstragende und staatliche Institutionen die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern unterstützen, indem sie den Zugang zu hochwertigen Betriebsmitteln, Märkten und Beratungsdiensten verbessern, um die Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit der derzeitigen landwirtschaftlichen Systeme zu erhöhen.

Das von Biovision unterstützte Projekt unter der Leitung des International Crops Research Institute for the Semi-Arid Tropics (ICRISAT) zielt genau in diese Richtung, indem es einerseits die verschiedenen Interessengruppen zusammenzubringt, um die Herausforderungen der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern anzugehen, und andererseits lokale Regierungsinstitutionen und Landwirt:innen dabei unterstützt, geeignete Methoden für die Wassergewinnung und den Boden- und Wasserschutz zu erproben und zu erweitern sowie Anbaufolgen, -kombinationen und -sorten einzuführen, die besser an die harschen Bedingungen angepasst sind.

Infografik über die Anbaubedingungen im Distrikt Kongwa

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