
«Ich heisse Brasio Kawere, bin 24-jährig, komme aus Uganda und studiere an der Makerere University in Kampala. Dieses Jahr wurde ich als Teilnehmer für den International Training Course on Organic Agriculture (ITCOA) ausgewählt, der von September bis Oktober stattfand. Ich sehe das Seminar als eine grosse Chance für künftige Entscheidungsträger: Es ermutigt und unterstützt uns junge «Change Maker» darin, über die Grenzen unseres Agrarsystems hinauszudenken und visionäre Ansätze zu verfolgen.
Ich freue mich sehr, dass ich als einer von 48 Studierenden an der 15. Durchführung des Seminars teilnehmen durfte. Der Anlass bot mir und meinen Kolleginnen und Kollegen aus Uganda, Tansania und Kenia viele Gelegenheiten für wertvolle Einblicke und Austausch. Das Seminar war äusserst abwechslungsreich und vermochte meine Begeisterung für den ökologischen Landbau zu wecken. Nebst vielen theoretischen Grundlagen, erlernten wir auch Techniken zur Herstellung von gutem Kompost, zum Anlegen von städtischen Gemüsegärten sowie zur Humusaufwertung mit Mikroben und Pflanzenjauchen. Nun können wir botanische Extrakte aus Citronella-, Neem-, Papaya- und Jatropha-Blättern sowie Sprühpräparate für den Pflanzenschutz selber herstellen und anwenden.
Brasio Kawere (24) hat einen Bachelor-Abschluss in Agrarwissenschaften von der Makerere University in Kampala (Uganda). 2020 startete er «Farmer Action Learning on Sustainable Agricultural Management», eine Initiative für biologischen Landbau zur Einführung biologischer Technologien Im Kakao- und Kaffeeanbau. Ziel ist die Steigerung der Produktivität der Kleinbauernbetriebe im Mukono Distrikt.

Theorie und Praxis
Dank den Erfahrungen aus dem Seminar habe ich mit zwei Kollegen bereits ein Pilotprojekt gestartet. Es geht um eine bessere Wissensvermittlung unter Kleinbauern im biologischen Kaffee- und Kakaoanbau. Dabei erweist sich das neu erworbene Wissen im Management ökologischer Systeme mit Hilfe naturbasierter Lösungen als sehr hilfreich. Ich denke etwa an den Terrassenbau oder die Verwendung von Pflanzenmulch zum Schutz und der Erhaltung des Bodens. Wichtig ist auch ein sorgfältiges Wassermanagement, etwa durch die Beschattung der Kulturen zur Eindämmung der Wasserverdunstung.
Marketing, Wertschöpfung und Systemdenken
Im Seminar lernten wir ausserdem Möglichkeiten für eine profitablere Wertschöpfung kennen: Wir produzierten marktgängige Konfitüre aus Ananas und Papaya und eine Vielzahl von Fruchtsäften in Marktqualität. Selbst das Extrahieren von Öl aus Avocados oder die Haltbarmachung von Gemüse durch Trocknung probierten wir aus.
Der diesjährige Ausbildungsschwerpunkt unter dem Titel «Systemdenken» wurde von allen Kursteilnehmerinnen besonders geschätzt, denn er hat uns die Wichtigkeit ganzheitlichen und verknüpften Denkens aufgezeigt. Um zu einem gesamtgesellschaftlichen Wandel beizutragen, haben wir im Seminar auch unsere Kommunikations- und PR-Fähigkeiten verfeinert. Einzigartig war für mich auch die Gelegenheit, wichtige neue Kontakte mit Teilnehmenden und Kursleitern zu knüpfen – über die Landesgrenzen hinaus.
Der speziell auf Studierende ausgerichtete Ansatz des Seminars hat uns alternative und partizipatorische Lernformen erleben lassen. Mich begeisterte die vielfältige Methodik, die uns Studierende verband und ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit entstehen liess. Das Landwirtschaftsseminar entzündete bei uns allen ein Feuer: es stärkte unser Selbstwertgefühl und motivierte uns, selber einen Beitrag zu leisten und Führungsverantwortung zu übernehmen. Ich fühle mich bestärkt darin, Wissenslücken unter den Kleinbäuerinnen und -bauern in meiner Region zu schliessen, damit sie die Produktivität in der Bio-Kaffee- und Kakaoproduktion erhöhen können.
Das Agrarökologie-Seminar ITCOA hat bei uns Teilnehmenden viel Enthusiasmus für eigene Projekte geweckt, um selber Teil des Wandels in der Landwirtschaft zu werden. Ich bin stolz darauf, ein Alumnus des diesjährigen Seminars zu sein!»
Biovision unterstützt ITCOA seit 2010. Bis heute wurden mehr als 400 junge Forschende und Berufseinsteigende ausgebildet, damit sie als Agenten des Wandels der Landwirtschaftssysteme Ostafrikas wirken können. Eine der Teilnehmerinnen war auch Janet Maro, die spätere Gründerin und heutige Co-Direktorin von «Sustainable Agriculture Tansania SAT», der heute wichtigsten Ausbildungsstätte für nachhaltige Landwirtschaft in Tansania.