Covid-19 in Afrika: Die Lage spitzt sich zu

Von

Florian Blumer, Biovision

Die zweite Corona-Welle trifft die Menschen in Subsahara-Afrika gerade mit voller Wucht – auch in den Biovision-Projektländern im Osten des Kontinents.

Als in Italien die Spitäler Alarm schlugen und Bilder von Leichenwagen-Schlangen vor den Krematorien durch die sozialen Medien gingen, rollte die Pandemie-Welle in Afrika gerade erst an. Der totale Kollaps der Gesundheitssysteme, Millionen von Toten – es wurde das schlimmste befürchtet. Woche für Woche wartete man auf die Horrornachricht.

Dann, Ende Sommer, rieb man sich verwundert die Augen: Afrika schien auf wundersame Weise – zumindest auf der gesundheitlichen Ebene – von der ganz grossen Katastrophe verschont geblieben zu sein. Sehr gravierend waren die Auswirkungen der harten Lockdowns für die vielen Menschen mit niedrigem Einkommen, die ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen konnten, für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die ihre Produkte nicht mehr oder nur noch eingeschränkt verkaufen konnten.

Ausbreitung in Gebieten mit Herdenimmunität

Doch bezüglich der Pandemie-Situation urteilte die Weltgesundheitsorganisation WHO Ende August, dass der Kontinent das Schlimmste hinter sich habe. Es wurde über die Gründe spekuliert: Schnelle, harte Massnahmen, eine junge Bevölkerung, bessere Abwehrkräfte dank der Verbreitung anderer Coronaviren und weiterer Krankheiten, das Klima.

Nun, im Februar 2021, sind die schlimmsten Befürchtungen zurück. Und sie sind leider gut begründet: Die stärker ansteckende Viren-Mutante aus Südafrika breitet sich in immer mehr Ländern aus, insbesondere dort, wo bereits ein Grossteil der Menschen infiziert war, wo also bereits ein Stück weit Herdenimmunität herrscht. Gemäss dem Chef der Seuchenschutzorganisation der Afrikanischen Union sind die täglichen Fallzahlen in Afrika Anfang Februar rund auf das Doppelte des Höchststandes von Juli und August 2020 angestiegen.

Befürchtungen und Herausforderungen in Projektländern

Die Sorge ist auch in den Biovision-Schwerpunktländern Äthiopien, Kenia, Uganda und Tansania gross. Die Lage präsentiert sich dabei unterschiedlich. Die Projekte werden aber in allen Ländern weitergeführt, wie Andreas Sicks, Bereichsleiter Entwicklungsprojekte bei Biovision, betont. Die Programmverantwortlichen stehen in engem Austausch mit den Partnerorganisationen – Projektbesuche im üblichen Rahmen würden aber, so Andreas Sicks, wohl frühestens in ein paar Monaten wieder möglich sein. Aus Äthiopien etwa berichten die Partnerorganisationen, dass die Programme ohne grosse Hindernisse weitergeführt werden könnten. In anderen Ländern hingegen stehen unsere Projektpartner aufgrund der Restriktionen vor grösseren Herausforderungen.

Diese Herausforderungen fallen je nach Entscheid der Regierungen unterschiedlich aus. Unsere Projektpartner beschäftigen Fragen wie: Dürfen Inlandsreisen noch unternommen werden? Können Trainings vor Ort stattfinden? Können sich beispielsweise Frauengruppen noch treffen? In welcher Grösse? Können Regierungsbehörden an Treffen teilnehmen?

Wer betreut die Kinder?

Die Probleme, denen sich die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter vor Ort gegenüber sehen, unterscheiden sich oft gar nicht gross von denjenigen, die wir hier kennen, wie Andreas Sicks betont: «Sind die Schulen geschlossen, müssen sich Eltern fragen, wie sie die Kinderbetreuung organisieren; Reiserestriktionen verhindern das Zusammenkommen von Familien; geschlossene Geschäfte und Ausgangssperren verkomplizieren das Leben und die Arbeit.»

Die Lage in den Spitälern Ostafrikas ist unübersichtlich. Es gibt Meldungen, dass sie bald die Kapazitätsgrenze erreichen, aber auch solche, dass noch Patientinnen und Patienten aufgenommen werden könnten. Die wieder steigenden Zahlen und die Verbreitung der südafrikanischen Corona-Variante geben aber auf jeden Fall Anlass zu grosser Besorgnis.

Unsere Solidarität ist gefragt

Es bleibt die Hoffnung, dass die spezifischen Voraussetzungen in Subsahara-Afrika, welche eine grössere Katastrophe in der ersten Welle verhindert hatten, auch in der zweiten, heftigeren Welle dazu beitragen werden, dass es den Kontinent weniger hart trifft, als momentan befürchtet wird. Auch wir in Europa können dazu beitragen, indem wir uns dafür einsetzen, dass die Menschen in Afrika rasch die benötigten Impfdosen erhalten und über die nötigen Kapazitäten für eine Massenimpfung verfügen.

Forscher und Forscherin in Schutzanzügen in einem Labor in Äthiopien vor einem Diagnostik-Gerät, das von Biovision mitfinanziert wurde
Forscher im Labor der Jigjiga-Universität in Äthiopien mit einem Diagnostik-Gerät, mitfinanziert von Biovision, das auch Covid-19-Fälle erkennen kann.

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