Ein Land bereitet sich auf die agrarökologische Zukunft vor

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Lothar J. Lechner Bazzanella, Biovision. Bilder: TOAM.

Der Bioverband Tanzania Organic Agriculture Movement – kurz TOAM – will den Landwirtschaftssektor eines ganzen Landes reformieren. Dafür setzt die Dachorganisation auf eine breite Palette an Methoden. Und auf die Unterstützung von Biovision.

Um die Ernährungssysteme eines kompletten Staates umzuwälzen und biologische Landwirtschaft zu etablieren, braucht es einen langen Atem. Mindestens gleich bedeutend ist jedoch die richtige Planung, die Taktik, um Produzierende, aber auch die Politik und die wichtigsten Entscheidungstragenden mit ins Boot zu holen.

Genau das hat sich das Tanzania Organic Agriculture Movement TOAM zum Ziel gesetzt. Als Dachorganisation vereint es seit Jahrzehnten Dutzende Projekte, Stiftungen und NGOs. «Um den Bio-Sektor Tansanias voranzubringen, wollen wir alle relevanten Aspekte abdecken. Von der Produktion der Lebensmittel über die Entwicklung von stabilen Wertschöpfungsketten bis hin zur Arbeit auf politischer Ebene», erklärt Bakari Mongo, CEO von TOAM.

Biovision packt mit an

Er und sein Team werden dabei auch von Biovision unterstützt. Konkret geht es um die Förderung diverser agrarökologischer Projekte in Tansania und die finanzielle Hilfe für die Entwicklung der NAEOAS, der National Ecological Organic Agriculture Strategy. Sie definiert, wie, wo und wann genau die Behörden zusammen mit TOAM und anderen Bio-Akteuren an verschiedenen Stellschrauben drehen, um die Bio-Strategie des Landes zu stärken. Sei es die Förderung ökologischer Anbaumethoden, der Schutz natürlicher Ressourcen, die Schulung von Bäuerinnen und Bauern oder der bessere Zugang zu Märkten für agrarökologische Produkte.

«Biovision unterstützt TOAM seit Juli 2022 hierbei nicht nur finanziell massgeblich. Es gibt auch seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit über unsere anderen Partner und Mitglieder. Zum Beispiel half Biovision beim Aufbau einer Milchverarbeitungsanlage von Sustainable Agriculture Tanzania SAT in Vianzi im Mvomero District in Morogoro», schildert Bakari Mongo die Kooperation.

Für die Strategie entscheidend ist unter anderem, wie TOAM das öffentliche Bewusstsein wecken und damit auch die Politik für biologische Landwirtschaft gewinnen kann. «Wir wollen eine Politik, die nachhaltige Lebensmittelproduktionssysteme fördert, die biologische Vielfalt erhält und die Gesundheit der Verbraucherinnen, der Bauern und der Böden sicherstellt.» Gerade hier kann Biovision mit ihrer Erfahrung eine helfende Hand reichen.

Video über die Milchverarbeitungsanlage der SAT Holistic Group in Tansania, welche von Biovision mitgefördert wurde (auf Englisch).

Mangelnder Zugang zu Wissen

Die grössten Hürden und Herausforderungen sieht TOAM-CEO Bakari Mongo weiterhin im noch mangelnden Wissen der Beratungsdienste, insbesondere der lokalen Regierungsbehörden. Jene, welche im direkten Austausch mit Bäuerinnen und Bauern sind. «Die meisten Regierungsbeamten kennen sich fast ausschliesslich mit konventionellen Anbaumethoden aus. Sie bei agrarökologischen Massnahmen miteinzubeziehen, ist hingegen ungleich schwieriger.»

Dazu käme ein noch unzureichendes öffentliches Bewusstsein für genau jene Politiken oder Bewegungen, welche die Entwicklung der Agrarökologie unterstützen und ausbauen wollen. Auch aus diesem Grund sucht TOAM den Austausch mit den bäuerlichen Gemeinschaften, allen voran den Kleinbäuerinnen und -bauern. «Wir wollen Beweise für den Nutzen biologischer Landwirtschaft liefern und damit das öffentliche Bewusstsein schärfen. Evidenzbasierte Landwirtschaft und eine darauf basierende politische Arbeit sind der Schlüssel zum Erfolg», erklärt Bakari Mongo weiter.

Mehr Fakten für bessere Politik

Er ist auch deshalb ein Verfechter des Ansatzes, an der breiten Basis mit der Arbeit zu beginnen. «Das heisst, dass die Bauerngemeinschaften weiter darin unterstützt werden müssen, agrarökologische Praktiken und Technologien in der eigenen Nahrungsmittelproduktion anzuwenden.»

Dies wiederum führe zu mehr Evidenz, zu mehr faktenbasierten Argumenten. «Damit können wir die Politik bewegen, das Potenzial von Agrarökologie nicht nur anzuerkennen, sondern agrarökologische Praktiken zu nutzen, um die Nahrungsmittel- und Ernährungsunsicherheit Tansanias anzugehen.»

Im August 2023 sind TOAM, die tansanischen Behörden, Biovision und zahlreiche weitere tansanische und internationale Organisationen aus dem Bio-Sektor auf der Zielgeraden, um die National Ecological Organic Agriculture Strategy vorzustellen. «Startschuss hierfür war die nationale Landwirtschaftsausstellung vom 8. August, die in Suaheli Nane Nane heisst», so Bakari Mongo. Doch nach der Vorstellung der Strategie ist vor deren Umsetzung. Nun gilt es, die Pläne von TOAM & Co. unter die Bevölkerung und in die Politik zu bringen und sie umzusetzen. Damit ein gesamtes Land die agrarökologische Zukunft einläuten kann.

Dieses Projekt wird von der Deza unterstützt.

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