Nachhaltige Landwirtschaft: Ein Dilemma am Beispiel von Linsen

Von

Patricio Frei, Biovision

Anhand von Linsen lässt sich das Dilemma der Schweizer Landwirtschaft gut veranschaulichen: Der Bund empfiehlt der Bevölkerung mit der neuen Lebensmittelpyramide unter anderem mehr Linsen als Eiweissquelle zu nutzen. Damit dabei aber heimische Produkte zum Zug kommen, ist ein Wandel dringend nötig, wie Biovision bei einem Hofrundgang in Grüt exemplarisch aufzeigt und mit einer neuen Studie belegt.

Mit einem Rundgang für Medienvertretende auf dem gemeinschaftlich geführten Hof Rinderbrunnen in Grüt bei Gossau ZH und einer neuen Studie zeigt Biovision auf, dass die zentralen Bestandteile für ein nachhaltiges Ernährungssystem vorhanden sind, sie aber eine bessere Förderung benötigen. Dabei stehen Linsen exemplarisch für das Dilemma: eine wertvolle Ackerkultur, die sowohl aus gesundheitlichen Gründen als auch wegen des Klimawandels an Bedeutung gewinnt und zur Diversifizierung gerade von Kleinbetrieben beiträgt, deren Verarbeitung bislang aber wenigen Einzelinitiativen überlassen ist.

Deshalb fordert Anders Gautschi, Geschäftsführer von Biovision: «Das Direktzahlungssystem muss Diversität und neue Organisationsformen wie die Betriebsführung durch ein ganzes Team, stärker fördern. Zudem sollen Nachhaltigkeit und Agrarökologie einen festen Platz in der landwirtschaftlichen Ausbildung erhalten.» Mitziehen müssten aber auch Handel und Konsum: «Nachhaltig produzierte Lebensmittel müssen besser erhältlich und für alle erschwinglich sein.»

Biovision-Geschäftsführer Anders Gautschi spricht über die Rolle von Politik, Handel und Konsum für eine nachhaltigere Landwirtschaft.

Die neu erschienene Studie «Förderung agrarökologischer Prinzipien im Schweizer Agrar- und Ernährungssystem» legt den Fokus auf die Erfahrungen derer, die bereits heute den Wandel vorleben. Basis waren zahlreiche Gespräche mit Vertreter:innen innovativer Betriebe sowie Personen aus der Beratung und Forschung. Denn diese wissen am besten, was funktioniert – und wo die grössten Stolpersteine liegen.

Das Team vom Hof Rinderbrunnen bei Gossau ZH zeigt, wie Landwirtschaft zukunftsfähig funktionieren kann.

Die nun zur Behandlung anstehende Agrarpolitik 2030+ wird die Landwirtschaft der kommenden Jahre festlegen. «Die aktuellen Rahmenbedingungen bilden keine förderliche Basis für ein nachhaltiges Ernährungssystem», warnt Maya Graf, Ständerätin, Bäuerin und Stiftungsrätin von Biovision: «Es braucht dringend einen Wandel: Wir müssen unsere Ernährung vom Feld bis zum Teller neu denken.» Der Bund müsse landwirtschaftliche Betriebe mit ökologischen und wirtschaftlich tragfähigen Ansätzen besser fördern. Und sowohl im Handel als auch im Konsum braucht es ein Umdenken. Biovision leistet seit mehreren Jahren wichtige Arbeit für ein nachhaltiges Ernährungssystem in der Schweiz, etwa im Rahmen des Projektes Ernährungszukunft Schweiz. Dazu hatte 2022 ein nationaler Bürger:innenrat konkrete Empfehlungen erarbeitet und ein wissenschaftliches Expertengremium Lösungsvorschläge präsentiert.

Weitere Beiträge

Landwirtschaft, Politik, Wissen

Eine Kultur, die sich weiterentwickelt

Noch vor Kurzem drohte ihnen die eigene Kultur und Spiritualität abhandenzukommen. Doch dann begannen die Bagungu in Uganda, ihre Traditionen neu zu beleben. Biovision unterstützt sie dabei. Eine besondere Rolle spielen dabei drei Karten.
Über uns

Symposium 2025: Der Weg vom Feld ins Quartier

Wie schaffen wir Ernährungssysteme, die Menschen verbinden? Beim Biovision-Symposium 2025 trafen Perspektiven aus Kenia und der Schweiz aufeinander. Im Zentrum standen Ernährungssysteme, die Stadt und Land, Gesundheit und Umwelt verbinden.
Landwirtschaft, Über uns

Warum wir unser Ernährungssystem neu denken müssen

Biovision-Stiftungsratspräsident Hans Rudolf Herren erklärt in seinem Vortrag bei den Nobel Talks, warum Agrarökologie der zentrale Hebel für ein gerechtes, zukunftsfähiges Ernährungssystem ist und was jetzt politisch und gesellschaftlich passieren muss.
Konsum

Tomaten: Entdecke die verborgene Vielfalt  

Mit rund 10‘000 Sorten weltweit ist die Tomatenauswahl beeindruckend – die Tomate begeistert, wirft Fragen auf und überrascht.