Lukratives Geschäft dank Eigeninitiative
Florence Kirimi, ihre Schwester Esther und ihre Freundin Stella Kairaria warten im Schatten gepflegter Mangobäumen bei Guchia Viallage, einem kleinen Dorf, ca. 25 Kilometer südöstlich von Meru Stadt am Mount Kenia auf ein Taxi und 4 Tagelöhner, welche sie angeheuert haben. Die Männer werden den Laderaum des Lieferwagens randvoll mit süssen Früchten füllen, welche die drei Frauen zuvor sorgfältig ausgewählt und dem Mangobauern mit 5 Kenia Shilling pro Stück bezahlt haben. Am Folgetag werden sie die schwere Fracht über siebzig Kilometer nordwärts nach Archers Point ins heisse Tiefland des Samburu-Landes transportieren, wo Mangos rar sind und 15 Kenia Shilling pro Stück bringen – ein gutes Geschäft!
Aber warum kommen die drei Frauen, die ihr Mango-Unternehmen schalkhaft „The Blessing Ladies“ – die gesegneten Frauen nennen, ausgerechnet hier ins abgelegene Guchia, um Früchte einzukaufen? „Hier ist die Qualität der Mangos sehr gut“, erklärt Florence. Und das sei nicht selbstverständlich, betont sie. „In den letzten Jahren waren die Mangos im Meru Distrikt Früchte oft voller Larven,“ sagt sie. Zudem sei der Baumgarten hier in Cuchia sehr gut unterhalten.
Es ist kein Zufall, dass die Mangos in Guchia makellos sind und aus einem sehr gepflegten Hain stammen. Der Baumgarten liegt in direkter Nachbarschaft zur „Fruit Fly IPM Learning Site von Chaaria“ im Meru Distrikt. Dieser Lerngarten wurde vom icipe (internationales Insektenforschungsinstitut, Nairobi) mit Unterstützung von Biovision und anderen Geldgebern geschaffen, nachdem exotische Fruchtfliegen an der ostafrikanischen Küste gelandet waren und sich mangels natürlicher Feinde ungehindert ausbreiteten.








Katastrophe für Kenias Mangobauern
Die Fliegen waren vermutlich per Schiff aus Sri Lanka nach Kenia gelangt. Hier befielen sie die Mangos, legten ihre Eier unter die Schalen der Früchte, wo die Maden schlüpften. Die Früchte verdarben, und die kenianischen Mangobauern wurden vom internationalen Früchtemarkt ausgeschlossen. Für hunderttausende kenianischer Familien war das katastrophal, weil sie von einem Tag auf den andern ihre existenzsichernden Einkommensquelle verloren.
Glücklicherweise gelang es den Forschern des icipe eine umweltschonende Strategie gegen die Fruchtschädlinge zu entwickeln. Diese besteht aus einer Kombination sogenannter IPM-Methoden. IPM steht für „Integriertes Pest Management“ und umfasst im Fall der Mangofruchtfliegen folgende Massnahmen:
- Züchten und Freisetzen natürlicher Feinde der Fruchtfliegen: Zwei Schlupfwespenarten (Parasitoiden), welche ihre eigene Brut in die Eier bzw. Larven der Fliegen legen deren Bestand damit dezimieren.
- Sammeln fauler Früchte in zeltartigen Netzen, in welchen die Brut der Mangofruchtfliegen gefangen bleibt und eingeht.
- Anlocken und Einfangen der männlichen Fruchtgliegen mit Duftstoff und Insektenfallen.
- Anlocken und eliminieren der Fliegenweibchen mit Biopestizid, welches kleinflächig auf die Baumblätter gesprüht wird (1m2 pro Baum).
- Bekämpfung der Fliegenlarven im Boden mittels Biopestizid (Pilzsporen).
Erfolg dank integriertem Pest-Management
Mit der sorgfältigen Anwendung dieser Massnahmen kann das Fruchtfliegenproblem innerhalb einer Saison unter Kontrolle gebracht werden. Zudem hat IPM gegenüber der herkömmlichen Fliegenbekämpfung den grossen Vorteil, dass die Biopestizide nur in kleinen Mengen versprüht werden. Bei der konventionellen Bekämpfung hingegen werden alle Bäume komplett mit Gift eingenebelt, und das acht Mal pro Saison. Diese chemischen Keulen gefährden die Gesundheit der Bauern, schaden der Umwelt und vermochten im Falle der Fruchtfliegen das Problem dennoch nicht zu lösen.
In dem von Biovision unterstützten Lerngarten von Chaaria können interessierte Bäuerinnen und Bauern die IPM-Methoden und deren praktische Anwendung erlernen. Der Garten steht unter der Obhut des einundsiebzig jährigen Mangobauern Samuel Mugambi aus Guchia. Nachdem er 2012 wegen der Mangofruchtfliegen einen Verlust von 40 Prozent hinnehmen musste, begann er mit der Anwendung von IPM in seinem Mangohain, der heute als Lernzentrum dient. „Seit ich die Methode wirklich beherrsche, habe ich bessere Ernten und höhere Einnahmen“, meint Herr Mugambi und erklärt mit zufriedenem Lächeln, dass er dank der guten Mangoqualität eine Fruchtfirma als sichere Abnehmerin gefunden habe, die ihm erst noch einen besseren Preis bezahle.