Ein Tag im Leben einer
Mama Mboga in Nairobi 

Von

Patricio Frei, Biovision (Text) und Noor Khamis (Bilder).

Das Projekt Urban Nutrition setzt auch auf «Mama Mbogas», wie die Strassenverkäuferinnen in Kenia genannt werden. Zu ihnen gehört Ann Gathoni Wangari. Die 42-Jährige erklärt, weshalb biologisches Gemüse nicht teurer sein darf und gibt einen Einblick in ihren Tagesablauf.

«Um 4 Uhr stehe ich auf und fahre mit dem Bus zum Grossmarkt Muthurwa. Die Fahrt dorthin kostet 30 Schilling und dauert eine halbe Stunde. Eine weitere halbe Stunde benötige ich, um das Gemüse einzukaufen: Kohlblätter, Spinat, Amarant, Kürbisblätter, Nachtschatten, Zwiebeln und Tomaten. Danach geht es mit dem Bus wieder nach Hause ins Armenviertel Viwandani. 

Zu Hause wecke ich meine beiden Söhne und mache ihnen Frühstück. Wir leben zu dritt in einem Zimmer, nur wenige Meter hinter dem Laden, etwas abseits der Strasse in einer kleinen Gasse. Dem 12-Jährigen helfe ich bei der Körperpflege und beim Anziehen der Schuluniform. Um 7 Uhr müssen sie in der Schule respektive bei der Arbeit sein. Der ältere Sohn ist 25 Jahre alt und hat seit einem Monat einen Job in einer Metallfabrik. Hoffentlich kann er auch bald dazu beitragen, unsere Familie zu unterstützen … 

Wenn beide aus dem Haus sind, bleibt mir noch Zeit, um den Haushalt zu erledigen, bevor ich um 9 Uhr meinen Laden öffne. Mein kleiner Laden besteht aus einem einfachen Holztisch, der direkt an der Strasse steht. Hier ist immer etwas los. Das ist die Hauptverbindung durch Viwandani. Die meisten Passantinnen und Passanten sind zu Fuss unterwegs, nur die wenigsten können sich ein Motorrad oder eine Fahrt in einem Auto leisten. 

Ein Arbeitstag dauert für Ann Gathoni Wangari bis zu 16 Stunden – sechs Tage die Woche, für oft nur umgerechnet 4 Franken am Tag.

Treue Stammkundschaft

Ich kenne die meisten meiner Kundinnen und Kunden. Bei mir kaufen vor allem meine Nachbarinnen und Nachbarn ein. Sie sind meistens sehr treu. Sie schätzen es, dass ich in meinem Laden gut auf die Sauberkeit achte. Laufkundschaft habe ich nur wenig. 

Für einen Bund Kohlblätter bezahle ich auf dem Markt zwei Schilling, in meinem Laden verkaufe ich ihn zu etwas mehr als dem doppelten Preis. Heute habe ich bislang vor allem Kohlblätter und Spinat verkauft. Nicht viel. Hoffentlich wird der Verkauf am Abend besser. 

Am Nachmittag, wenn die Sonne hoch steht, ist es zu heiss. Deshalb mache ich um 14 Uhr eine Pause. Ich lege einfach ein Tuch über meine Auslage – das reicht: Niemand wird sie anfassen. 

Vom Projekt Urban Nutrition habe ich in einem Workshop erfahren. Da habe ich viel über biologisches und konventionelles Gemüse gelernt. Und darüber, wie beim Gemüseanbau Dünger und Chemikalien eingesetzt werden. Und wie sich dies auf die Gesundheit der Menschen auswirkt. Beim Gemüse, das ich auf dem Markt kaufe, weiss ich nicht, woher es stammt und ob es gespritzt wurde. Ich hatte schon Kundinnen und Kunden, die sich über Magenbeschwerden beklagten – möglicherweise wegen des Gemüses vom Markt. Ich kenne einige Menschen, die an Krankheiten wie Krebs und Diabetes leiden, die in Zusammenhang mit Ernährung stehen. Deshalb bin ich froh, dass dieses Projekt Zugang zu gesunden Lebensmitteln ermöglicht. 

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«Mein Traum ist es, meinen Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen.»
Ann Gathoni Wangari, Mama Mboga

Ich habe bereits Gemüse über das Projekt erhalten und verkauft. Dessen Qualität war wirklich gut. Und ich würde gerne weiterhin biologisches Gemüse verkaufen. Aber noch sind die Lieferungen sporadisch. Ich mache mir auch Sorgen um den Preis und dass letztlich weniger übrig bleibt für mich, als wenn ich konventionelles Gemüse anbiete. Die Kundinnen und Kunden sind oft nicht bereit, mehr zu bezahlen. Und wenn ich ihnen kleinere Bündel zum selben Preis anbiete, sagen sie, dass dies nicht für ihre Familie reicht und kaufen das nächste Mal anderswo. Deshalb darf das biologische Gemüse nicht mehr kosten. 

Zurück im Laden bin ich um 16 Uhr. Kurz darauf kommen auch meine Kinder heim. Danach zieht das Geschäft an: Die meisten Kundinnen und Kunden kaufen bei mir ein, wenn sie am Abend die Fabriken verlassen und sich auf den Heimweg machen. 

Früher habe ich ebenfalls in einem dieser Industriebetriebe gearbeitet. Die Bedingungen waren hart, aber dafür habe ich über 600 Schilling pro Tag erhalten. Doch dann wurde ich krank und verlor den Job. 

Als Mama Mboga verdiene ich heute an einem guten Tag bis zu 300 Schilling. Das kommt aber selten vor. Dieser Monat war nicht gut. Da bin ich aber nicht allein, auch die anderen Mama Mbogas beklagen sich. Es gibt Tage, an denen ich so wenig Gemüse verkaufe, dass ich am nächsten Tag für das Busticket auf mein Erspartes zurückgreifen muss. 

Traum vom eigenen Stück Land

Um 21 Uhr schliesse ich meinen Laden. Das Gemüse, das ich bis dahin nicht verkauft habe, verstaue ich in einem Kasten hinter dem Tisch. Das werde ich morgen wieder anbieten, zum selben Preis. Etwas wegzuwerfen, kann ich mir nicht leisten. 

Meinen kleinen Laden öffne ich fast jeden Tag. Sonntags allerdings nur dann, wenn ich noch unverkauftes Gemüse vom Vortag habe. Abendessen gibt es meistens um 22 Uhr. Danach geht es gleich ins Bett, denn ich muss ja morgens wieder früh raus … 

Mein Traum ist es, von hier wegzuziehen und irgendwo anders ein Stück Land zu kaufen, um dort ein Haus für meine Söhne und mich zu bauen und ein grösseres Geschäft zu eröffnen, beispielsweise für Baumaterial. Und natürlich träume ich davon, meinen Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen.» 

Dieses Projekt wird von der Deza unterstützt.

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