«Wir konnten zeigen, wie wichtig die Bienen auch für die Felder sind»

Von

Lothar J. Lechner Bazzanella. Bilder: Amini Suwedi.

Die Bedeutung von Bienen für die Flora und Fauna einer Region geht weit über die Honigproduktion hinaus. Dr. Kiatoko Nkoba arbeitet für unseren Partner Icipe auf Sansibar in Tansania. Im Gespräch erklärt der Experte für Bienenzucht, wie die Insekten die Grundlage von Ökosystemen schaffen und welchen Einfluss sie auf den Wohlstand von bäuerlichen Familien haben.

Wie wichtig sind Bienen für die Flora und Fauna einer Region?

Bienen sind zentral für ein lokales Ökosystem. Und das gleich aus mehreren Gründen. Zunächst wegen der Bestäubung der Waldpflanzen. Bienen bringen nämlich Pollen von Blüte zu Blüte und befruchten sie so. Aus den Blüten entstehen Früchte, in welchen wiederum die Samen der einzelnen Pflanzen stecken. Ohne Bienen keine Bestäubung, ohne Bestäubung keine Regeneration der Wälder. Wälder, die nicht nur abertausenden Lebewesen eine Heimat bieten, sondern auch für die Menschen einer Region unabdingbar sind.

Weshalb?

Wälder beherbergen Pflanzen, die für viele Tiere Futter darstellen. So sichern Bienen indirekt das Überleben von verschiedensten Tierarten. Gleichzeitig sind Wälder enorm wichtig für den Wasserzyklus einer Region. Auch auf diesen haben die Bienen also einen Einfluss. Dazu kommt natürlich, dass Bienen nicht nur typische Waldpflanzen, sondern auch landwirtschaftliche Nutzpflanzen bestäuben. Sie sorgen so für Obst und Gemüse und dafür, dass Bäuerinnen und Bauern ein Einkommen erzielen.

Dazu kommt der Zusatzerwerb aus der Honigproduktion…

Genau. Neben all den positiven Effekten, welche die Bienen mit sich bringen, steht auch das Nebeneinkommen aus der Imkerei. Die Bauernfamilien können den Honig selbst konsumieren, aber auch verkaufen. Auch viele andere Produkte können mit der Imkerei gewonnen werden. Etwa Bienenwachs, Propolis oder Blütenpollen.

Dr. Kyatoko Nkoba

Über den Interviewten

Dr. Kyatoko Nkoba, Mitarbeiter beim International Centre of Insect Physiology and Ecology (Icipe) und Projektleiter des Zanbee-Projekts, ist Experte für Insekten, insbesondere für Bienen. Er bringt jahrelange Erfahrung in vergleichbaren Projekten mit und ist ein leidenschaftlicher Befürworter nachhaltiger Landwirtschaft. Seine Arbeit konzentriert sich darauf, innovative Lösungen im Umgang mit Insekten zu fördern und das Bewusstsein für die Bedeutung von Bienen in der Umwelt zu schärfen.

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Die richtige Schutzkleidung ist Pflicht bei der Arbeit mit den Bienen

Welche Fortschritte wurden erzielt, seitdem Icipe und Biovision das Zanbee-Projekt in Sansibar gestartet haben?

Hier muss ich etwas weiter ausholen. Lange Zeit wurde vielerorts in Afrika Imkerei, aber auch Landwirtschaft, auf eine Art und Weise betrieben, welche die neuesten Erkenntnisse aus der Wissenschaft nicht miteinbezogen hat. So hatte traditionelle Bienenzucht oft negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Bienenvölker oder auf Diversifizierung und Qualität der Produkte.

Können Sie das genauer erklären?

Zum Beispiel wurden oft Bienenkästen verwendet, bei denen Imker:innen nicht zwischen reifem und weniger reifem Honig unterscheiden konnten. Dies hatte zur Folge, dass oft der gesamte Honig entnommen wurde. Auch jener mit einem zu hohen oder zu tiefem Wasseranteil. Daraus entstand Honig mit mangelhafter Qualität, den die Bauernfamilien auch nur sehr schwer lagern und dadurch kaum verkaufen konnte. Solche Beispiele zeigten, wie wichtig es war, wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Bienenzucht, aber auch aus der Landwirtschaft an die Bauerngemeinschaften zu bringen. Und genau hier haben wir angesetzt.

Was waren die wichtigsten Stellschrauben?

Es war wichtig, den Bäuerinnen und Bauern zu zeigen, dass es möglich ist nicht nur ihren Ertrag, sondern auch die Qualität der Produkte nachhaltig und deutlich zu steigern. So konnten wir etwa aufzeigen, wie man das Bienenwachs weiterverarbeitet, zu Kerzen, Schuhwachs, Cremen, Lippenbalsam. Allesamt Produkte, die ein Zusatzeinkommen ermöglichen. Aber auch in Bezug auf das angebaute Obst und Gemüse haben wir das Gespräch mit den Bäuerinnen und Bauern gesucht.

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Reiche Ernte. Der kostbare Honig sichert den Familien einen wichtigen Zusatzerwerb

Weshalb?

Viele Farmer:innen sehen in Bienen nur Honigproduzentinnen, nicht aber wichtige Bestäuberinnen. Wir aber konnten zeigen, wie wichtig die Bienen auch für die Felder der Bäuerinnen und Bauern sind. Diese haben so zum Beispiel gelernt, dass manche Insektizide nicht nur die Qualität des Honigs beeinflussen, sondern ganze Bienenvölker töten können. Wir haben versucht ein Bewusstsein zu schaffen für den gesamtheitlichen Nutzen dieser so besonderen Insektenart. Ziel ist es natürlich, dass Bäuerinnen und Bauern auch wegen der Bienen vermehrt auf nachhaltige, agrarökologische Massnahmen setzen. Und am Ende für ihre biologischen Produkte auch am Markt einen besseren Preis erhalten.

Inwiefern hängt die Bienenzucht auf Sansibar mit dem Schutz der Mangroven zusammen?

Viele Pflanzen, die in den Mangroven wachsen, sind eine gute Quelle für Nektar, den die Bienen so mögen. Mehr noch: Studien zeigen, dass diese Pflanzen zu einem Honig mit besonders hoher Qualität führen. Bienen besuchen diese Pflanzen, bestäuben sie und sichern so deren Fortbestand. Die Imker:innen, die in den Mangroven arbeiten, können gleichzeitig Honig produzieren, den sie für einen höheren Preis verkaufen können als Honig aus anderen Regionen. Das führt indirekt auch zu einer höheren Wertschätzung für die Mangroven.

Worin liegen die grössten Herausforderung für die Zukunft?

Herausfordernd ist sicherlich, solche Projekte zu erweitern. Oft ist es schwierig, brauchbare Flächen zu finden. Deshalb setzen wir nicht nur auf die Mangroven, sondern auch auf andere Gebiete im Landesinnern, die für die Bienenzucht geeignet sind. Extrem wichtig ist es ausserdem, die Gesetzgeber:innen und die Politik an Bord zu holen, damit der Wandel hin zu nachhaltigen Praktiken auch hier Rückhalt kriegt. Behörden schauen oft und gerne auf die Ressourcen wie Öl oder Kohle und vergessen dabei die so wichtigen und wertvollen Ökosysteme mit ihrer unschätzbar kostbaren Biodiversität. Es ist wichtig aufzuzeigen, dass diese Ökosysteme nicht nur einen Nutzen für die Natur, sondern auch für die Menschen der Region haben.

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Die Bienen helfen, die Mangroven auf Sansibar zu schützen.

Mehr Bilder und Informationen zum Projekt:

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Dieses Projekt wird von der Deza unterstützt.

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