So sind Obst und Gemüse nachhaltig

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Stefanie Hess, Autorin des ÖKOlogisch!-Ratgebers

Früchte und Gemüse sind für eine gesunde Ernährung unentbehrlich und auch nachhaltiger als die meisten tierischen Produkte. Trotzdem gilt es einiges zu beachten – gerade im Winter.

Saison? Das gibt es in den Supermärkten schon lange nicht mehr. Ananas, Papaya, Zitronen, Tomaten, Zucchetti: Die Regale quellen ganzjährig über von Früchten und Gemüse aus der ganzen Welt. Ananas, Papaya, Zitronen, Tomaten, Zucchetti. Viele werden aus dem wärmeren Ausland in die Schweiz transportiert. Aus der spanischen Region Almería beispielsweise, dem Gemüsegarten Europas. Oder auch von weiter her, aus Peru, Mexiko, Südafrika.

Die umweltfreundlichste Qual der Wahl: Schiff-, LKW- oder Flugtransport?

Die Transporte von Früchten und Gemüse vom Herkunftsland in die Schweiz verursachen nur sechs Prozent der ernährungsbedingten Umweltbelastung. Dies jedoch nur, sofern die Produkte nicht im Flugzeug befördert werden. Durch Luftfracht kann sich die Klimabilanz eines Produkts bis zu 20-mal verschlechtern. Der Schiffstransport ist dabei weit weniger umweltbelastend als jener per Lastwagen: Werden Früchte oder Gemüse per Schiff von Peru in die Schweiz transportiert, ist das weniger klimabelastend als ein LKW-Transport aus Marokko: Der Ausstoss an Kohlendioxid pro transportierte Tonne auf einem grossen Containerschiff ist deutlich geringer als bei einem LKW.

«Der problematischste Transport von Lebensmitteln ist jener mit dem Auto vom Supermarkt nach Hause. Entlässt der Wagen pro Kilometer 160 Gramm Kohlendioxid (wie viele Wagen der oberen Mittelklasse), ist das ungefähr gleich viel, wie auf ein Kilogramm Obst entfällt, das mit dem Schiff von Argentinien nach Europa transportiert wurde.»
Stefanie Hess, ÖKOlogisch!-Ratgeber

Spanische Tomaten im Winter – die Folgen für die Anbauregionen

Belastender als der Transport für die Umwelt ist der intensive Anbau, aus dem Früchte und Gemüse vielfach stammen. Er hat oft einen hohen Einsatz von chemischen Pestiziden und Kunstdüngern zur Folge. Das wirkt sich negativ auf den Boden und die Biodiversität aus. Weil manche Sorten nur in warmen Regionen wachsen oder weil man Sommergemüse auch im Winter konsumieren will, werden sie für unseren Konsum in warmen bis heissen Regionen angebaut. Dort ist Wasser oft knapp. Beispielsweise in der regenarmen Region Almería in Spanien, wo die Dürreperioden zudem aufgrund des Klimawandels immer länger werden. Flüsse und Feuchtgebiete trocknen aus, der Natur und lokalen Produzenten steht nicht mehr genügend Wasser zur Verfügung.

Lagerfrüchte oder Gewächshaus?

Fürs Klima besonders schädlich sind Früchte und Gemüse aus Gewächshäusern, die mit fossilen Brennstoffen beheizt werden. Eine Studie der ETH Zürich zeigt: Wird eine Tomate in einem beheizten Gewächshaus in der Schweiz produziert und im Mai geerntet, verursacht sie zehnmal mehr Treibhausgase, als wenn sie zur gleichen Zeit in Spanien wächst. Dort müssen die Gewächshäuser nämlich aufgrund der wärmeren Temperaturen nicht geheizt werden. In den Sommermonaten ist die ungeheizte Schweizer Produktion am klimafreundlichsten.

Auch bei der Lagerung von Gemüse und Früchten werden Klimagase frei. Im Vergleich zum Transport schneidet die Lagerung jedoch lange besser ab. Gelagerte, einheimische Äpfel sind aus Klimasicht während sechs Monaten nachhaltiger als Äpfel, die per Schiff oder Flugzeug beispielsweise aus Neuseeland importiert werden.

Trotz einiger Nachhaltigkeitsprobleme sind Früchte und Gemüse essenziell für eine ausgewogene, gesunde – und auch ökologische Ernährung. Der Grossteil davon verursacht pro Kilo und pro Kalorie viel weniger Treibhausgase als tierische Produkte. Gemeinsam machen sie auch nur acht Prozent der Schweizer Umweltbelastung durch Ernährung aus (siehe Infografik).

Umweltbelastung Ernährung Diagramm
Der Konsum von Getränken (insbesondere Kaffee und Wein) und tierischen Produkten belastet die Umwelt am stärksten, nämlich über 60%.

5 Tipps für nachhaltiges Einkaufen

Achten Sie darauf, dass Sie Freilandprodukte aus der Schweiz kaufen. So vermeiden Sie, dass Sie Gemüse und Früchte beziehen, die unter prekären Arbeitsbedingungen entstanden sind.

Kaufen Sie Gemüse und Früchte dann, wenn sie in der Schweiz Saison haben. Ausserhalb der Saison kommen sie aus beheizten Gewächshäusern oder aus dem Ausland (siehe CLEVER Saisonkalender).

Ganzjährig ohne Bedenken zu konsumieren sind: Kartoffeln, Lauch, Rüebli, Zwiebeln, Randen. Grösstenteils ganzjährig zu konsumieren: Schweizer Äpfel und Birnen.

Biolabels und Demeter stellen an Produzenten in der Schweiz soziale Anforderungen und verpflichten sie, ohne chemische Pestizide und Kunstdünger zu produzieren und dabei die natürlichen Ressourcen zu schützen. Bevorzugen Sie bei importierten Produkten solche mit Fairtrade-Labels, die teilweise auch biologisch produziert werden.

Will man eine Frucht oder Gemüse trotzdem einmal aussersaisonal konsumieren, sind transportierte Früchte und Gemüse, auch über längere Distanzen (solange nicht per Flugzeug), solchen aus beheizten Gewächshäusern vorzuziehen. Zur Orientierung: Bio Suisse reguliert im Winter das Heizen von Gewächshäusern. Bei Demeter Schweiz dürfen sie bis im Frühling nicht beheizt werden.

Homme portant un panier faisant ses courses. au supermarché fictif CLEVER de la Fondation biovision.

Überarbeiteter Auszug aus dem Beobachter Ratgeber ÖKOlogisch!, der in Zusammenarbeit mit der Stiftung Biovision und der Stiftung Konsumenten Schutz entstand, geschrieben von Stephanie Hess. Das Buch können Sie in unserem Shop bestellen.

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