SDGs: Globale Ziele, lokale Wirkung

Von

Florian Brunner, Biovision

Die Sustainable Development Goals – auch Ziele zur nachhaltigen Entwicklung genannt – bilden eine zentrale Grundlage für die globale Arbeit zu einer gerechteren und zukunftsfähigen Welt. Auch wir von Biovision verpflichten uns in unserer Arbeit den Grundsätzen der Sustainable Development Goals. Wie wir diese umsetzen, erfahren Sie im Artikel.

Die Notwendigkeit der SDGs

Die von den Vereinten Nationen (UNO) verabschiedeten Sustainable Development Goals (SDGs) sind die Antwort auf die drängendsten globalen Probleme. Die weltweit angestiegene Temperatur (+1.1°C im Vgl. zur vorindustriellen Zeit) begünstigt Wetterextreme. Dürren oder Landdegration durch Starkregen und Überschwemmungen treten häufiger auf. Es sind Symptome der globalen Erderwärmung. Die Zeichen sind alarmierend: Wenn sich die Entwicklung fortsetzt und die Temperatur weiter ansteigt, drohen Wälder zunehmend auszutrocknen oder ganz abzubrennen. Dies wiederum führt zu einem weiteren CO2-Anstieg. Durch den Verlust von Wäldern kann weniger CO2 aufgenommen werden und es kommt zu einem weiteren Anstieg des Treibhausgases, was die globale Erderwärmung weiter antreiben wird.

Die SDGs als Lösungsansatz für das globale Handeln

Diese länderübergreifenden Probleme können nur global gelöst werden. Deshalb wurden die SDGs 2015 ins Leben gerufen. 193-UN-Mitgliedstaaten verpflichten sich heute dazu, die Ziele zur nachhaltigen Entwicklung bis im Jahr 2030 erreichen zu wollen. Bekannt unter dem Namen «Agenda 2030».

Die insgesamt 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung gehen gesamtheitlich sowohl ökologische, wirtschaftliche als auch soziale Problemfelder an. Diese können eng miteinander verbunden sein, denn der Verlust oder die Gefährdung von Ressourcen durch den Klimawandel führt in besonders stark betroffenen Gebieten zu Ernährungsunsicherheit, Hunger und Konflikten. Nach aktuellen Zahlen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO leiden 802 Millionen Menschen immer noch unter Hunger und 2.3 Milliarden Menschen unter Ernährungsunsicherheit.

Von den 2,3 Milliarden Menschen, die von mässiger oder schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen sind, lebt die Hälfte in Asien, ein Drittel in Afrika und elf Prozent in Lateinamerika und der Karibik.

FAO Food insecurity map
Grafik: The State of Food Security and Nutrition in the World 2022 Food and Agriculture Organization

Komplexität zwischen klimatischer, sozialer und wirtschaftlicher Dimension

Länger anhaltende Dürrephasen, schrumpfende Weideflächen, Wassermangel in Trockenzeiten und ein stark vom Weideland abhängiger Landwirtschaftssektor. In Tansania führen diese Faktoren zum Beispiel dazu, dass Pastoralist:innen (Pastoralismus ist eine Form der Wanderviehhaltung bei der die Viehhalter:innen ihre Tiere im Jahreszyklus auf teilweise mehrere hundert Kilometer entfernte Weideflächen führen) ihre Weideflächen mehr und mehr verlieren. Während der Trockenzeit müssen solche Gemeinschaften deshalb ihr Vieh auf dem Land von ansässigen Bauern weiden lassen. Diese klimatisch bedingten Entwicklungen schüren die Konflikte zwischen lokalen Bäuerinnen und Pastoralisten. Der Konflikt um Land- und Wasserressourcen spitzt sich insbesondere in Trockenzeiten zu. Ausschreitungen und Gewalt zwischen den beiden Parteien sind keine Seltenheit.

Wie begegnet Biovision diesen Herausforderungen?

Mit unserem Projektpartner Sustainable Agriculture Tanzania (SAT) unterstützen wir im Projekt «Farmers and Pastoralists Collaboration» (FPC) die friedensbildende Zusammenarbeit zwischen Bauerngruppen und Pastoralist:innen. Indem Bäuerinnen und Bauern ihre landwirtschaftlichen Nebenprodukte neu zu Tierfutter weiterverarbeiten und mit Viehhirt:innen tauschen, konnte eine einfache ökologische Kreislaufwirtschaft aufgebaut werden. Dadurch profitieren sowohl die Bauerngruppen durch den Verkauf von Futter als auch die Pastoralist:innen, die ihre Herde durch das neu produzierte Futter besser ernähren können und die Produktivität (z.B die Milchproduktion) verbessern. Zudem wurden Viehhirt:innen in neuen Methoden der Futterproduktion, namentlich der Heuballenherstellung, geschult.

Stärkung der Widerstandsfähigkeit durch agrarökologische Methoden

Das Klima des Gebietes Mvomero in Morogoro (Tansania) ist geprägt von Dürren auf der einen Seite und unvorhersehbaren spontan auftretenden Starkregen oder Überschwemmungen auf der anderen Seite. Die Leidtragenden dieser Wetterextreme sind Bäuerinnen und Bauern oder ländliche Haushalte mit bewirtschaftetem Weideland. Sie machen den Hauptteil der Bevölkerung in der Region aus und sind deshalb besonders gefährdet durch die Auswirkungen des Klimawandels. «Der Klimawandel ist real und hat Auswirkungen auf uns. Veränderte Wettermuster, unvorhersehbare Regenfälle, hohe Temperaturen und Dürren sind in Mkindo allgegenwärtig», sagt ein Kleinbauer aus der Region. 

Zusammen mit SAT fördern wir Agrarökologie seit der Gründung der tansanischen Organisation vor mehr als zehn Jahren. Um sich dem Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu stellen, begannen Kleinbäuerinnen und -bauern Bäume zu pflanzen oder Gartenparzellen zu terrassieren. So können sie die Felder vor Erosion schützen.

Um die landwirtschaftlichen Erträge auch in Trockenzeiten zu sichern, wurden die Bauernfamilien im Regenfeldbau geschult. Der Ansatz des sogenannten Regenfeldbaus ermöglicht es den Bäuer:innen, ihre Felder in Trockenzeiten ausschliesslich mit Wasser von Niederschlägen zu bewirtschaften.

Der Ansatz der SDGs in unserer Praxis

Das Projekt «Farmers and Pastoralists Collaboration» in Tansania zeigt, dass unter der gleichzeitigen Berücksichtigung der Anspruchsgruppen Klima, Förderung von Produktionsketten und der Integration der lokalen Bevölkerung – und dadurch auch der Berücksichtigung der Sustainable Development Goals – ein grosses Potential liegt.

Das Projekt zeigt auch (wie in der untenstehenden Grafik veranschaulicht): Wenn wir bei den verantwortlichen Ursachen, die unsere Lebensgrundlagen gefährden, ansetzen, Landökosysteme nachhaltig schützen, dann schützen wir nicht nur unsere eigenen Lebensgrundlagen, sondern auch die des globalen Südens. Dafür setzen wir uns bei Biovision ein. Seit 25 Jahren. Und weiter in der Zukunft.

Synergiewirkung SDGs
Grafik: Synergiewirkung der SDGs am Beispiel des Projektes «Farmers & Pastoralists Collaboration» (FPC) in Tansania

Weitere Beiträge

Politik

Ostafrikas agrarökologische Wende kommt von innen

In Ostafrika werden die Rufe von Kleinbäuer:innen und der Zivilgesellschaft nach einer agrarökologischen Wende lauter. Sie fordern von den Regierungen Massnahmen, um die Ernährungssouveränität und Klimaresilienz in ihren Ländern zu stärken. Vorreiter sind lokale Regierungen. In Kenia arbeiten gleich mehrere Bezirke an einer agrarökologischen Reform des Ernährungssystems.
Landwirtschaft, Politik

Ein Land bereitet sich auf die agrarökologische Zukunft vor

Der Bioverband Tanzania Organic Agriculture Movement – kurz TOAM – will den Landwirtschaftssektor eines ganzen Landes reformieren. Dafür setzt die Dachorganisation auf eine breite Palette an Methoden. Und auf die Unterstützung von Biovision.
Konsum

«Am Hibiskustee sollen alle verdienen»

Das Zürcher Startup Five Good Goods vertreibt nur Produkte, an denen die Produzent:innen wirklich mitverdienen – und steht für faire Arbeitsbedingungen und Preise. Auch der Hibiskustee der Biovision-Partnerorganisation Sustainable Agriculture Tanzania (SAT) hat es in den Onlineshop des Startups geschafft. Was den Tee so wertvoll macht, erzählt uns Inhaber Johannes Küng im Interview.
Landwirtschaft

Die «SAT Holistic Group» schafft einen fairen Markt für agrarökologische Produkte in Tanzania

Seit dem Aufbau der Organisation vor 10 Jahren hat «Sustainable Agriculture Tanzania» (SAT) tausende Bäuerinnen und Bauern für agrarökologische Landwirtschaft begeistert. 2020 haben Alexander Wostry und Janet Maro zusätzlich das Sozialunternehmen «SAT Holistic Group» gegründet, um einen fairen Markt für agrarökologische Produzentinnen zu schaffen. Im Interview verrät uns Wostry das Erfolgsrezept.