Tödliche Verlockung für Parasiten und Schädlinge

Von

Stefan Diener

Pflanzen und Insekten kommunizieren ausgiebig miteinander – zum Beispiel mit Lockrufen oder falschen Versprechungen. Dies macht sich die ökologische Push-Pull-Methode zunutze.

Seit 2006 wird die Anbaumethode Push-Pull für Mais und Hirse erfolgreich in Ostafrika angewendet: Sie sorgt für deutlich höhere Erträge dank biologischer Schädlingsbekämpfung, für bessere Bodenfruchtbarkeit und für gesundes Futter für das Vieh. Die Anbaumethode Push-Pull für Mais und Hirse bringt also den Biovision-Ansatz beispielhaft aufs Feld. Aber wie genau funktioniert Push-Pull? Der Biovision-Experte Dr. Stefan Diener, erklärt im Interview die Vorteile der Push-Pull-Methode, die auch in unserer Infografik detailliert erklärt werden.

Wer hat Push-Pull entwickelt?

Dies geschah um das Jahr 2000 an unserem Partnerinstitut icipe in Nairobi, unter der Leitung von Professor Zeyaur Khan. Als wir bei Biovision davon erfuhren, war uns klar: Diese Methode passt perfekt zu unserer Vision – Gesunde Nahrung, produziert von gesunden Menschen in einer gesunden Umwelt.

Nicht nur Unterernährung, auch Mangelernährung ist ein grosses Problem in Subsahara-Afrika. Kann Push-Pull auch da helfen?

Push-Pull bietet Maisbauern und -bäuerinnen die Chance, ihren Maisernte-Ertrag deutlich zu steigern – dadurch wird auch Anbaufläche frei. Die Beraterinnen und Berater ermuntern die Bauernfamilien, diese mit verschiedenen anderen Nutzpflanzen zu bewirtschaften. Dies fördert die Nahrungsvielfalt und erhöht gleichzeitig die Ernährungssicherheit, da so das Risiko minimiert wird, dass eine Bauernfamilie bei Trockenperioden oder Unwettern gleich alles verliert.

Ist Push-Pull etwas, das jeder Bauer und jede Bäuerin in Subsahara-Afrika machen kann und soll?

Nicht unbedingt. Jeder Kleinbauern-Haushalt ist ein eigenes Universum, mit seinen eigenen Stärken und Schwächen. Die einen haben eine Affinität für Hühner, andere für Vieh, wieder andere für Kohl. Eine Familie hat gutes Land, aber nicht genügend Hände zum Mithelfen, einer anderen fehlt das Geld für Saatgut, wieder eine andere benötigt Futter für das Vieh. Wenn eine Bauernfamilie aber aus Überzeugung auf Mais oder Hirse setzt, kann sie vielfältigen Nutzen daraus ziehen.

Push-Pull wird bereits in eigenen Ländern Ostafrikas angewandt, vielerorts ist die Methode aber noch unbekannt. Wie gross ist das Potenzial der Methode?

Push-Pull hat noch sehr viel Potenzial, da die Methode verschiedene Bedürfnisse abdeckt. Sie nützt dort, wo der Schädlingsbefall ein Problem ist, dort, wo das Hexenkraut ganze Landstriche überwuchert, dort, wo die Böden ausgelaugt sind. Und dort wo Viehweiden knapp sind, ist sie für die Futtermittelproduktion interessant.

Was unternimmt Biovision, um dieses Potenzial auszuschöpfen?

Wir arbeiten daran, dass das Wissen über die Methode zu den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern kommt. Und wir erarbeiten mit unserer Partnerorganisation vor Ort gemeinsam mit den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern angepasste Methoden für die lokalen Begebenheiten. Ein häufiges Problem ist ein Engpass bei der Saatgutproduktion für die Hilfspflanzen Desmodium und Napiergras. Wir arbeiten mit lokalen Produzenten daran, dass alle, welche die Methode anwenden können, auch zu den Samen kommen, die sie dafür brauchen.

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