Ich bin unterwegs auf Projektbesuch in Makuwe Village im Süden Simbabwes. Hier unterstützt Biovision Kleinbauern dabei, die ertragssteigernde, ökologische Anbaumethode Push-Pull anzuwenden. Beim Mittagessen komme ich mit Erepina Mutasa, der Tochter einer Bauernfamilie, ins Gespräch und frage sie, ob sie mir etwas über sich erzählen möge. Biovision wolle nicht nur über die Projekte berichten, erkläre ich, sondern auch Einblicke in das Leben von Menschen in den Projektgebieten geben. Sie freut sich über die Anfrage und sagt zu.
Am Nachmittag treffen wir uns am Siedlungsrand im Schatten eines Baumes. Die junge Frau setzt sich auf einen Stein und beginnt zu erzählen. Da geht ein Mann vorbei und grüsst sie beiläufig. Erepina Mutasa senkt den Blick und seufzt. «Hast du gehört, wie er mich genannt hat?», fragt sie. «Er sagte <Hallo Grossmutter>. Dabei ist er weit älter als ich.» Eigentlich sollte sie einen Mann finden, fügt sie an. «Aber das ist sehr schwierig. Ich bin Mutter eines sechsjährigen Knaben und wohne hier bei meinen Eltern.» Das Leben im Dorf sei nicht einfach für sie und biete ihr kaum Perspektiven. Erepinas Mutasas Vater leidet an Diabetes und braucht teure Medikamente, was das knappe Budget der Familie seit vielen Jahren belastet. Schon als Teenagerin musste sie ihre Schulbildung abbrechen und als Magd in der Stadt Geld verdienen. Das tut sie heute noch. Ihre letzte Anstellung als Köchin in einer Imbissbude und als Haushaltshilfe bei deren Besitzern aber war ein Desaster. «Meine Arbeitstage begannen um vier Uhr morgens in der Restaurantküche. Um vier Uhr nachmittags ging es weiter mit Kinderhüten und Haushalt», berichtet sie. «Die Arbeit war sehr streng, und ich verdiente fast nichts. Ich lebte wie eine Sklavin».
Unabhängig sein und mit dem Kind ein gutes Leben haben
Zudem sei sie immer wieder allein mit dem Patron im Haus gewesen. An einem dieser Abende habe er Freunde eingeladen. Die Männer hätten getrunken und begonnen, anzügliche Sprüche zu machen. Erepina Mutasa atmet durch und fährt dann fort: «Ich bin geflohen, bevor ich mit Aids angesteckt worden wäre oder ein zweites Kind bekommen hätte.»
Bereits vor sieben Jahren hatte sie in der Stadt geheiratet. Aber kurz nach der Geburt ihres Kindes liess sich der Vater kaum mehr blicken. Schliesslich erfuhr Erepina Mutasa, dass er noch eine andere Frau hatte, mit der er zusammenlebte. Ihre Eltern akzeptierten die Trennung von diesem Mann und nahmen sie und das Kind auf. Seither schaut die Grossmutter zum Jungen, wenn sie jeweils für ein paar Monate in der Stadt arbeitet, um ihr Auskommen und das Schulgeld für das Kind bezahlen zu können.
Unterdessen sind die Schatten länger geworden in Makuwe, und für Erepina Mutasa ist es Zeit zu gehen. Das Reden hat ihr sichtlich gut getan. «Ich möchte keine Schande über meine Familie bringen», sagt sie beim Abschied. «Aber ich träume davon, meine Schulbildung abzuschliessen, unabhängig zu sein und mit meinem Kind ein gutes Leben zu haben.»