Lieber Frank, nicht alle mögen uns, denn wir fordern einen Kurswechsel in der Landwirtschaft. Ist Biovision deiner Meinung nach zu radikal?
Biovision ist nicht radikal, sondern konsequent. Die Fakten lassen sich einfach nicht länger ignorieren, und Biovision bringt das auf den Punkt. Mit konkreten Projekten, in wichtigen globalen Debatten und auch hier in der Schweiz zeigt Biovision, dass sich vieles verändern lässt, wenn wir wollen.
Als promovierter Naturwissenschaftler sind dir die Zusammenhänge von Klimawandel, Zerstörung der biologischen Vielfalt und schwindender Ernährungssicherheit seit langem bekannt. Mehrheitsfähig sind die neuen, ökologischen Lösungen hingegen immer noch nicht – woran liegt es?
Tatsächlich wirken wissenschaftliche Fakten rund um die Landwirtschafts- und Klimapolitik für viele Menschen akademisch und lebensfern. Aber essen tun wir doch alle – und damit sind wir bereits mitten im Thema! Biovision schafft es, gesellschaftliche und umweltrelevante Lösungsansätze, hier in der Schweiz wie auch im globalen Süden, greif- und begreifbar zu machen. Deshalb sehe ich Biovision auch in Zukunft als wichtige Akteurin in der Umsetzung zentraler Nachhaltigkeitsziele.
Viele Interessenkonflikte werden sich noch zuspitzen. Ist unsere Hoffnung auf eine bessere Welt realistisch?
Ich bin Wissenschaftler, aber auch unverbesserlicher Optimist. In den letzten Jahren beobachte ich, dass immer öfter – auch im Zug oder auf dem Kinderspielplatz – über unsere Themen gesprochen wird. Sicher geht alles viel zu langsam, aber ich bin überzeugt, dass wir mit unserer Arbeit eine kritische Masse an Gleichgesinnten gewinnen können, um diesem Trend zum Durchbruch zu verhelfen. Wenn man etwas mit Entschlossenheit verfolgt, ist so vieles möglich!
Was wünschst du dir für deine 5-jährige Tochter?
Dass sie eine Welt vorfindet, die wir Eltern mit gutem Gewissen hinterlassen – in der sich meine Tochter und mit ihr möglichst viele weitere Menschen frei entfalten und in Würde leben können. Dafür setzte ich meine ganze Kraft ein. Ich weiss, dass wir mit Biovision einen entscheidenden Beitrag dazu leisten können. Deshalb empfinde ich es als grosses Privileg, in Zukunft Geschäftsführer dieser Organisation zu sein.
Dr. Frank Eyhorn (45)
ist ein ausgewiesener Bio-Experte mit mehr als 20-jähriger Erfahrung in internationaler Zusammenarbeit. Mit Leidenschaft setzt er sich für nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung ein. Der promovierte Umweltnaturwissenschaftler hat umfassende Forschungsarbeiten geleitet und diverse Ausbildungsmaterialien und wissenschaftliche Artikel publiziert.
Von 2000 bis 2005 leitete Frank Eyhorn die Asien-Projekte des Forschungsinstituts für biologische Landwirtschaft FiBL.
2006 wechselte er zu Helvetas, wo er das Bio-Kompetenzzentrum und das Beratungsteam für ländliche Entwicklung leitete.
Seit 2011 ist Frank Eyhorn Vorstandsmitglied der globalen Biobewegung IFOAM, seit 2014 Vizepräsident.
Er lebt mit seiner Familie in einer Hausgemeinschaft in Zollikon, wo er häufig im Garten anzutreffen ist.